Der Traum vom Eigenheim – für viele junge Menschen in ihren 20ern und 30ern eine im Moment unerreichbare Wunschvorstellung. Seit der Pandemie sind die Immobilienpreise stetig nach oben geschossen, hinzu kommt, dass für einen Kredit 20 Prozent Eigenkapital aufgewendet werden muss. 2022 fielen circa 34 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens auf die Kreditrate bei Eigentumshäusern, das ergab eine Untersuchung des Wohnimmobilienmarktes von Raiffeisen Research. 2023 werden es voraussichtlich sogar 47 Prozent sein.
Nicht die besten Voraussetzungen für den Bau oder Kauf eines Eigenheimes. Eine junge Familie hat den Schritt dennoch gewagt, im Bezirk Voitsberg bauen Alexandra Schlegl und Joey Knapp gerade ihr eigenes Haus. "Eigentlich wollten wir schon 2019 beginnen, aber die Umwidmung hat drei Jahre gedauert", erzählt Schlegl. "Der Baugrund war nämlich ursprünglich landwirtschaftliche Nutzfläche, die wir von meinen Eltern bekommen haben – dafür sind wir sehr dankbar."
Preise vergleichen, selber machen
Schon damals holte die Mutter einer einjährigen Tochter stetig Angebote von Baufirmen ein, erstellte Excel-Tabellen. "Unser Ziel war, das schönste Haus mit dem geringstmöglichen finanziellen Aufwand zu bauen." Die Pandemie kam, die Umwidmung zog sich in die Länge, Schlegl konnte zusehen, wie die Preise stiegen. "Ich habe Angebote alle drei Monate erneuern lassen, und es ist schon ein Wahnsinn, wenn man sieht, dass Preise dann binnen drei Monaten von 11.000 auf 17.000 Euro steigen."
Vergleichen und kalkulieren war die Devise des jungen Paares. "Um Geld zu sparen, haben wir zum Beispiel Baumaterialien und Bauarbeit voneinander getrennt, anstatt ein Pauschalunternehmen zu beauftragen", erzählt die 27-Jährige. "Zusätzlich haben wir vieles selbst gemacht und uns dadurch Arbeitszeit gespart." Am Papier konnte die junge Familie auf diese Weise zwischen 70.000 und 80.000 Euro einsparen.
Abstriche gehören dazu
"Wir haben auch selbst einen Bagger ausgeborgt und uns beigebracht, ihn zu bedienen, wir sind draufgekommen, dass man sich auch viele Dinge selbst anlernen kann, wenn man möchte", schmunzelt die Steirerin, die in Söding-St. Johann eine Kinderkrippe leitet. Auf regionale Baufirmen zurückzugreifen, habe sich ebenfalls gelohnt. "Die lassen einen auch selbst mitanpacken, weil sie oft froh sind, Hilfe zu haben."
Die Anzahlung für den Kredit hat das Paar durch viel Disziplin erhalten. "Wir haben sehr minimalistisch gelebt und jeden Cent weggespart, dadurch ist es sich ausgegangen. Außerdem haben wir Dinge wie Terrassenüberdachung und Gartengestaltung erst einmal weggelassen, das können wir später auch noch machen", sagt Schlegl. Die eigenen Finanzen im Blick zu haben, sei das A & O, so die Weststeirerin. "Wir haben für jeden Bereich im Haus eine Summe kalkuliert, wurde es in einem Bereich mehr, haben wir woanders Abstriche gemacht."
Persönliches Limit
Im August will die junge Familie einziehen, im Nachhinein würde sie nicht noch einmal ein Haus bauen, lacht Schlegl. "Man muss sich bewusst sein, dass man jede Sekunde seiner Freizeit auf der Baustelle verbringt, man ist ständig am persönlichen Limit. Aber zu wissen, dass das Endergebnis lange Freude machen wird, treibt an – und damals hatten wir das Motto: 'Einfach mal machen.'"
Einen Ort, der Freude bereitet, suchten auch Marie Theres Huber und ihr Partner in der Südsteiermark. Ursprünglich wollte das Paar ein neues Haus für sich, am Ende wurde daraus ein Anlage-Kauf und eine neue Geschäftsidee. "Die Preise für Einfamilienhäuser sind horrend, für ein Budget von 600.000 Euro wurde man 2021 von Maklern belächelt", sagt sie. "Deshalb haben wir die Idee, uns ein Haus für uns zu kaufen, verworfen und wollten stattdessen anders investieren." Huber merkt an, dass sie von ihrem Opa bereits vor Jahren 80.000 Euro als Vorerbe erhalten hat. "Das ist mir wichtig, dazuzusagen, weil ich weiß, wie unleistbar der Wohnmarkt im Moment ist."
Ferienhaus statt Eigenheim
Ein Kellerstöckl mit 120 Quadratmetern stahl das Herz des Paares, einfach war der Kauf aber nicht. "Es war für 425.000 Euro ausgeschrieben, da so viele Leute Interesse daran hatten, wurde ein richtiger Bieterkampf daraus", so Huber. Gemeinsam mit ihrem Partner gründete sie nach dem Kauf eine GmbH, um das Kellerstöckl als Ferienhaus zu betreiben. "Wir sind beide selbstständig und haben den professionellen Hintergrund dafür und so können wir etwas, das uns Freude macht, mit anderen teilen und so hoffentlich auch abbezahlen."
Die ersten Umbauarbeiten sind bereits abgeschlossen, im vergangenen Jahr führte das Paar ein "Soft Opening" durch, die ersten Gäste konnten kommen. Die Terrasse ist allerdings noch nicht fertig. "Der Antrag liegt beim Grundbuch, Mühlen in Österreich mahlen langsam", so die gebürtige Oberösterreicherin. Sorgen machen der 24-Jährigen die variablen Zinsen, so hat sich die Zinssumme im letzten Jahr mehr als verdreifacht, da sich das Haus noch im Umbau befindet. 60.000 bis 70.000 Euro muss das Haus im Jahr abwerfen, um sich zu rechnen. "Das ginge natürlich leichter, wenn auch außen bereits alles fertig wäre, aber wir haben jetzt schon so tolles Feedback von den Gästen, dass wir uns nicht so viele Sorgen machen."
Sollte das Paar das Haus dann doch irgendwann als Wohnraum nutzen wollen, muss es wieder umgewidmet werden. "Bis dahin können wir es auch nutzen, wenn keine Gäste da sind."