"Seit Gründonnerstag spüren wir wieder einen Anstieg bei den Tochter/Sohn-Tricks", warnt Heimo Kohlbacher, Sprecher der steirischen Landespolizeidirektion. Und verweist auf drei aktuelle Fälle: So hat eine 79-jährige Grazerin zwischen 6. und 7. April mehr als 10.000 Euro an Unbekannte überwiesen. Zur selben Zeit wurde ein 63-Jähriger aus Seiersberg um mehrere Tausend Euro betrogen. Ähnlich erging es einem ebenfalls 63-Jährigen aus Schladming am Ostermontag.
Die Täter ergaunern die hohen Geldbeträge immer auf dieselbe Weise: "Grundsätzlich bekommen die Betroffenen meist Nachrichten von fremden Telefonnummern, in denen sich der oder sie Absender als Tochter oder Sohn ausgibt", beschreibt Kohlbacher. "Dann bitten die vermeintlichen Kinder um eine Überweisung auf ein Konto." Gleichzeitig heißt es in den Botschaften, die vorrangig über gängige Chat-Apps versendet werden, dass Tochter bzw. Sohn das Geld nicht überweisen kann, weil das eigene Handy kaputt sei – und man sich daher auch unter dieser neuen Nummer melde.
Geübte Täter führen Opfer hinters Licht
"Die Opfer handeln größtenteils in gutem Glauben", weiß Kohlbacher. Ein wichtiger Tipp daher: "Rufen Sie Ihr Kind unter der Ihnen bekannten Nummer an und überprüfen Sie den Inhalt der Nachricht." So sollte der Betrugsversuch auffliegen. Wobei: "Wir hatten auch schon Fälle, wo die Opfer unter der Absender-Nummer der Nachricht angerufen und mit einem Unbekannten geplaudert haben. Selbst danach waren die Betroffenen im Glauben, mit ihrem Kind gesprochen zu haben." Die Täter seien eben geübt und überzeugend, betont man seitens der Polizei. Das sehe man auch an den unterschiedlich genutzten, durchaus auch österreichischen Mobilnummern, die sich dennoch schwer nachverfolgen lassen. Gleichsam nutze man für den Geldtransfer überwiegend ausländische, vereinzelt auch inländische Kontonummern, oft auch mehrere Überweisungen pro Fall.
Grundsätzlich gäbe es bei den Tochter/Sohn-Tricks, wie auch bei der Betrugsmasche der falschen Polizisten, immer Wellen. Das heißt: Die Fälle treten in kurzen Zeiträumen gehäuft auf, ehe sich die Lage für einige Wochen wieder beruhigt.
Zahl der Fälle steigt seit Jahren spürbar an
Die Ermittlungen laufen, führen mitunter aber ins Ausland. Daher bittet die Exekutive die Bevölkerung vermehrt um Mithilfe: "Uns hilft es auch, wenn derartige Betrugsversuche zur Anzeige gebracht werden – auch wenn sie nicht erfolgreich waren." Je mehr Fälle der Polizei bekannt seien, desto mehr könne man über die Hintergründe in Erfahrung bringen. Außerdem gilt: "Wann immer man fragwürdige Nachrichten oder Anrufe bekommt – kontaktieren Sie die Polizei. Entweder auf der Polizeiinspektion oder über die 133. Es ist besser, einmal zu viel den Notruf zu wählen, als zu wenig", sagt Kohlbacher. Darüber hinaus sollte man keinesfalls auf derartige Nachrichten reagieren, sondern diese sofort löschen.
Der Tochter/Sohn-Trick ist einer der Gründe, warum die Statistik in Sachen Internetkriminalität in der Steiermark auf 2022 spürbar angestiegen ist. Im Vorjahr wurden 7093 Fälle zur Anzeige gebracht, wobei hier auch andere digitale Betrugsmaschen eingerechnet sind – darunter 1932 Anzeigen wegen Cybercrime, also Datenbeschädigung und Hacking. Unterm Strich beschäftigt sich die steirische täglich mit fast 20 Anzeigen wegen fragwürdiger Internetaktivitäten. Das sind sechsmal so viele wie noch vor zehn Jahren.