Innovation ist selten ein Zufall, sondern das Ergebnis aus Bauernschläue, Handwerk und dem Beackern neuer Wege. Das zeigen jene sechs Familien bzw. Hofübernehmerinnen und Hofübernehmer, die beim "Vifzack"-Preis der Landwirtschaftskammer von exakt 33.874 Umfrage-Teilnehmern unter die innovativsten Köpfe gewählt wurden. Laut Kammer-Vizepräsidentin Maria Pein auffällig: "Wie oft Impulse für Neues von Frauen und Quereinsteigerinnen kommen." Donnerstagabend wurden die Sieger bei einer großen Innovationsfeier gekürt. Und das sind sie:
Platz 1: Viele, viele bunte Eier – ganz ohne Färben
Zu Ostern bunt gefärbte Eier essen – das kann jeder. Bei Andrea Pauli am Frötscher Hof in St. Marein bei Graz legen die Hühner aber von Natur aus Eier mit Schalen, die die gesamte Farbpalette von mintgrün über blau bis rosa abdecken. Die 34-Jährige hat den elterlichen Milchviehbetrieb auf die Haltung seltener Schaf- und Geflügelrassen umgestellt und setzt immer stärker auf Veredelung und Direktvermarktung im Hofladen. "So wird es hoffentlich bald möglich sein, auf Vollerwerb umzusteigen." Der letzte Schrei im Hühnerstall? Andrea Pauli versendet befruchtete Eier per Post, die die Kunden dann selbst zu Hause ausbrüten lassen und somit selbst seltene Hühnerrassen halten können.
Platz 2: Große Rinder, große Pläne, große Reichweite
Aus Hobby wurde Vollblut-Vollerwerb: Nino Sifkovits (26) züchtet und veredelt in Dobl die größte Rinderrasse der Welt (Chianina), er sorgt als Mitglied des Ochsenknecht-Schauspielerclans auch dafür, dass neue Gesellschaftsschichten erfahren, "dass Landwirtschaft cool ist", wie er sagt. Etwa über die Reality-TV-Serie "Diese Ochsenknechts". Mit seiner Frau Cheyenne erreicht er mit Fotos und Videos auf Instagram 1,5 Millionen Menschen pro Monat. Das Chianina-Fleisch (aber auch von seltenen Schweine- und Schafrassen) wird hochpreisig direkt und an die Spitzengastronomie vermarktet. "Ich habe zuerst Vermarktungswege gesucht und dann die Produktionsgröße angepasst, viele machen das leider noch umgekehrt."
Edamame: Superfood aus der Oststeiermark
Was heute als Superfood verkauft wird, hat oft eine weite Reise hinter sich. Denise und Matthias Janisch sind auf ihrem Gemüsebau-Betrieb in Kroisbach – auf der Suche nach Nischen – auf Edamame gestoßen. "Das ist eine Gemüse-Sojaart, die deutlich einfacher zuzubereiten ist als Soja", sagt Denise, die als Quereinsteigerin (sie ist im Pflegebereich tätig) nun die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung abgeschlossen hat. Auf 10.000 Quadratmetern haben sie im Vorjahr schon Edamame angebaut, dafür spezielle Erntemaschinen angeschafft und an die Spitzengastronomie vermarktet. "Wir sind klein und fein, aber wir wollen wachsen."
Platz vier bis sechs:
Urlaub am Bauernhof für Schulklassen
Am "Höllerhof" von Andrea und Wolfgang Kogler leben 40 Milchkühe, noch einmal so viel Jungvieh – und neuerdings auch bis zu 30 Schülerinnen und Schüler. Zumindest für eine Woche oder ein paar Tage. "Wir sind früher auf Schullandwoche nach Wien gefahren und jetzt ist es bei uns umgekehrt", erzählt die Seminarbäuerin, die den Hof mit ihrem Mann zu einem Erlebnis- und Schulbauernhof ausgebaut hat. Die Schulkinder sind beim Melken dabei, können Brot backen und Erdäpfel ernten. "Die Kinder sind unsere Konsumenten von morgen. Bei uns bekommen sie einen Einblick, dass ihr tägliches Essen keine Selbstverständlichkeit ist", sagt Andrea Kogler.
Pelletierte Wolle als Öko-Dünger
Mit ihren Hochlandrindern, "Zetz-Zottel" genannt, haben sich Doris und Helmut Schröck aus Anger schon vor längerer Zeit einen Namen gemacht. Nun wollen sie das zweite Standbein ihres Biobauernhofs, die Schafhaltung, auf noch breitere Beine stellen. Sie pressen die bisher wenig beachtete Schafschurwolle zu Pellets, die dann als Bio-Dünger für Balkon- und Gartenpflanzen eingesetzt werden können. "Wir haben lange daran getüftelt, bis wir die Pellets richtig hinbekommen haben, doch diese haben nicht nur viele Nährstoffe, sondern saugen auch viel Wasser auf, das sie langsam wieder abgeben." Mittlerweile sind die Pellets in regionalen Lagerhäusern und Hofläden gelistet.
Bio-Obst und Bier in einem
Eigentlich ist Stefan Kirchengast (siehe großes Bild) ja Bio-Obstbauer im südoststeirischen Schützing. Doch in diesem kulinarischen (Schoko-)Schmelztiegel zwischen bekannten Manufakturen wie Zotter oder Gölles kam der 29-Jährige "durch einen glücklichen Zufall", wie er selbst sagt, vor drei Jahren zum Bierbrauen. Mittlerweile hat er unter der Dachmarke "Terra Cervisiae" acht Sorten im Angebot, bei denen Kirchengast aber auch die anderen Hofstandbeine einfließen lässt – vom eigenen Honig über Holunderblüten bis hin zu Schwarzen Johannisbeeren. Mit einer neuen, größeren Brauanlage, die in einen alten Stadl gebaut wird, und der Umstellung auf Bio-Bier setzt der Hofübernehmer nun die nächsten Schritte.
Ulrich Dunst