Die Schutzeinrichtungen sind hilflos. Erstmals in der Geschichte des Vinzidorfs fehlen an den Weihnachtsfeiertagen freiwillige Helfer. "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir so etwas schon einmal hatten", sagt Sabine Steinacher vom Leitungsteam des Vinzidorfs in Graz.
Zum ersten Mal unbesetzt sind der Nachtdienst am Heiligen Abend und der darauffolgende Vormittag am Christtag. "Normalerweise hatten wir rund um Weihnachten nie Probleme und immer viele Anfragen", sagt Steinacher. Warum es heuer noch keine Anmeldungen gegeben hat, kann sich die Vinzidorf-Leiterin nicht erklären. Nach der Pandemie spürt aber auch sie "eine generelle Flaute".
Senioren fallen aus
Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besetzen in der Regel Dienste an Sonn- und Feiertagen sowie generell an Wochenenden und in der Nacht. Die meisten arbeiten Vollzeit. Aber auch viele Seniorinnen und Senioren engagieren sich regelmäßig. In den letzten beiden Jahren haben viele von ihnen altersbedingt aufgehört oder unterstützen ihre Familien bei der Kinderbetreuung, "weil beide Eltern voll im Beruf sind, geht es oft nicht ohne Oma und Opa".
Ein großer Teil der Freiwilligen ist hauptberuflich im Pflegebereich tätig. "Wir merken, wie überlastet die Frauen und Männer sind. Sie hören auf, weil sie völlig ausgelaugt sind und keine Zusatzarbeit mehr machen können", gibt Steinacher zu bedenken.
Kurze Einschulung
In der Einrichtung hofft man, die offenen Dienste doch noch besetzen zu können. Wer sich dazu entschließt, an Weihnachtsfeiertagen im Vinzidorf auszuhelfen und davor noch in keiner Vinzieinrichtung tätig war, muss sich rechtzeitig melden. Denn bevor ein Dienst gemacht werden darf, muss eine entsprechende Schulung absolviert werden. Dabei geht es um den richtigen Umgang mit den Menschen vor Ort, aber auch darum, was beispielsweise bei der Medikamentenausgabe zu beachten ist.
Bestimmte Vorkenntnisse brauchen die freiwilligen Helfer aber nicht. Die Einschulung erfolgt durch Steinacher und das Vinzidorf-Team. "Wir hoffen, dass sich Interessierte finden, die diese Feiertage auf eine vielleicht ungewöhnliche, aber dennoch schöne Weise begehen möchten. Was sie brauchen, ist Zeit, Empathie und ein offenes Ohr."
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Daniela Breščaković