Am 11. Mai 2021 stürzte in einem oststeirischen Steinbruch ein 70 Tonnen schwerer Muldenkipper über eine Geländekante, der Fahrer (55) kam dabei ums Leben. Verantworten musste sich am Mittwoch dafür am Landesgericht Graz der Betriebsleiter (47). Der Vorwurf: grob fahrlässige Tötung.
"Nicht schuldig", sagt er mit fester Stimme zu Richterin Catherine Bütler. Der Fahrer hätte Material über die Kante kippen sollen, fuhr dabei aber nicht die Seite an, wo er durch einen eineinhalb Meter hohen Schutzwall vor Absturz gesichert gewesen wäre, sondern die andere Seite, wo acht Meter tiefer von unten Schüttmaterial abgegraben wurde. Die Kante gab unter der Last nach, der Kipper stürzte ab. "Er muss ein Blackout gehabt haben", vermutet Verteidiger Gerald Ruhri.
Die Verantwortung liegt irgendwo zwischen Strafgesetz und Tagbauverordnung verschüttet und muss mühsam freigelegt werden. Staatsanwalt Daniel Weinberger stützt sich darauf, dass "gegebenenfalls" die gesamte Kante hätte gesichert sein müssen – verantwortlich dafür war: der Angeklagte.
Kontrollieren, delegieren
Der Arbeitsinspektor sieht es auch so, aber: Die Sicherung kann auch durch eine Absperrung erfolgen oder durch eine schriftliche oder mündliche Anweisung, wo man nicht hinfahren darf. Verantwortlich dafür: der Angeklagte. Dieser muss auch den Arbeitsbereich täglich auf Sicherheit kontrollieren. "Aber das kann er auch delegieren – an einen fachkundigen Vertreter." Das wäre dann z. B. das Unfallopfer, ein Muldenkippenfahrer mit 13 Jahren Erfahrung. – "Dann würde ja der Arbeitnehmer, dessen Schutz sichergestellt werden soll, sich selber kontrollieren", widerspricht der Staatsanwalt.
So einfach verschwindet Verantwortung dann doch nicht, wenn die Schuld auch gering ist: Verurteilung "nur" wegen fahrlässiger Tötung und milde Geldstrafe (6000 Euro), nicht rechtskräftig.