Im Wirbel um die Wiener Sigmund Freud Privatuniversität (SFU), an der über eine Offensive des Landes Steiermark gegen den Ärztemangel insgesamt 60 Studierende ein Bachelor- und Masterstudium Humanmedizin absolvieren hätten sollen, ist eine Entscheidung mit Sprengkraft gefallen. Wie berichtet, wurden die Kosten und in einem (von der Grazer MedUni in Auftrag gegebenen) Gutachten die Vergabe ohne Ausschreibung kritisiert. Auch, dass die Steiermark rund neun Millionen Euro ausgibt, um 60 Ärztinnen und Ärzte außerhalb des Landes (sie sind danach zehn Jahre an steirische Krankenanstalten gebunden) auszubilden, wurde kritisiert.
Masterstudium vor Aus
Nun wurde dem Masterstudiengang Humanmedizin, den die SFU seit 2015/16 anbietet, wegen Qualitätsmängeln (siehe weiter unten) die Zulassung durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) entzogen. Dass es so weit kommen könnte, hat die Kleine Zeitung bereits in der Vorwoche berichtet. Wesentliches Kriterium ist ein Gutachten, durchgeführt von der AQ Austria. Privatunis müssen sich einer solchen alle paar Jahre stellen. Die Entscheidung hat das Board der AQ Austria Ende vergangene Woche getroffen. Am Mittwoch wurde das Ergebnis publik. Am Dienstagabend erging ein Informationsschreiben an die Studierenden.
Der Bescheid liegt noch nicht vor - SFU und Wissenschaftsministerium wurden aber informiert. Im Büro von Minister Polaschek heißt es, dass die SFU einen "Teach-Out-Plan" für jene Studierende vorlegen muss, die sich derzeit im Masterstudium Humanmedizin befinden. "Das ist gesetzlich so verankert, auch wenn ein Studium nicht reakkreditiert wird, damit alle fertig studieren können", so ein Sprecher Polascheks. Fakt: Die Studiengebühren pro Semester betragen 12.500 Euro. Das vorgelagerte Bachelorstudium Humanmedizin wurde reakkreditiert.
Erste Reaktion des Landes
Aus dem Büro von Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) heißt es, dass geprüft werden muss, ob der Vertrag des Landes mit der Wiener Privatuni nun erlischt. Dazu müsse man zunächst die Bescheide abwarten. Seit Herbst studieren die ersten 20 Personen über die Offensive des Landes an der SFU im Bachelor Medizin.
Opposition kritisiert: "Bauchfleck", "zu spät"
"Das initiierte Kooperationsmodell war zwar besser als nichts, aber offensichtlich auch auf Sand gebaut", kritisiert FP-Gesundheitssprecher Marco Triller. Die steirische FPÖ hatte bereits 2015 vorgeschlagen, heimische Stipendien - etwa an der MedUni Graz, zu fördern. Dies war aber gesetzlich damals nicht möglich. Vergangene Woche wurde ein solches Konzept für 300 steirische Medizin-Studierende präsentiert. "Das hätte viel früher kommen müssen. Dann hätten wir jetzt schon mehr Mediziner im System", sagt Philipp Könighofer, Pressesprecher des Freiheitlichen Landtagsklubs. Die KPÖ meint, dass "die Situation rund um die SFU ein weiteres Symptom für den furchtbaren Schlingerkurs der Gesundheitspolitik des Landes" sei.
Fall für Sonderlandtag
Der Grüne Gesundheitssprecher Georg Schwarzl spricht von einem "Bauchfleck mit Ansage, denn was bisher immer abgetan wurde, hat sich jetzt als absolut berechtigte Kritik herausgestellt". Am Freitag findet ohnehin ein Sonderlandtag in der Steiermark statt. Die Grünen bringen nun eine Dringliche Anfrage zur Kooperation mit der SFU ein. Unter anderem wolle man wissen, ob die Qualitätsprobleme nicht bekannt gewesen sind? Oder ob Bestrebungen von Stipendien für den niedergelassenen Bereich (quasi als "LandärztInnen-Stipendien) vorgesehen sind?
SFU will Beschwerde einreichen, Rektor "zuversichtlich"
Alfred Pritz, Rektor der SFU, zeigt sich in einem Telefonat mit der Kleinen Zeitung am Mittwoch "zuversichtlich, dass wir in einem Jahr wieder für den Master akkreditiert sein werden". Er gesteht ein, dass es Fehler gab, man aber bereits daran arbeite. "Wir machen einiges neu zum Besseren, wir finden das Urteil nicht gerecht." Sobald der Bescheid vorliege, werde man Beschwerde einreichen.
Es wird eine Neueinreichung vorbereitet, "um den Bachelorstudierenden nach Möglichkeit einen verzögerungsfreien Übergang ins Masterstudium zu ermöglichen". Der Studienbetrieb könne zunächst unverändert weiterlaufen. Auch auf die Kooperation mit dem Land Steiermark soll es keine Auswirkungen geben.
Mängel und Reakkreditierung
Die SFU als Privatuniversität wurde insgesamt reakkreditiert, das betrifft die Studiengänge Psychotherapiewissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaften und Zahnmedizin sowie neu ein Habilitationsrecht der Fakultät für Psychologie.
In dem urpsrünglichen Gutachten, das der Kleinen Zeitung vor einigen Wochen zugespielt wurde, wurden Probleme beim Medizin-Masterstudium der SFU genannt (geringe Laborfläche, kein Uni-Klinikum, etc.) und andere Abweichungen von den geforderten Standards. Die Gutachter empfahlen für eine Reakkreditierung insgesamt 51 Auflagen. Eine hohe Zahl dabei auch für die Fakultät für Psychotherapiewissenschaft und Psychologie, mit der die Uni 2005 begonnen hatte.
Beim Masterstudium Medizin wurden die Mängel als "nicht behebbar" innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zwei Jahren eingeschätzt. Man solle sich Zeit nehmen, um das grundsätzliches Konzept zu überdenken.
ÖH: "Schnellstmögliche Lösungen"
Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) begrüßte die Entscheidung der AQ Austria heute. Es sei gut, dass auf die Forderung der Studierendenvertretung eingegangen wurde und alle Studierenden ihr aktuelles Studium abschließen können. Für knapp 200 Studierende, die kommendes Jahr ihren Medizin-Bachelor an der SFU abschließen, brauche es "jetzt schnellstmöglich Lösungen". Die ÖH sieht außerdem ein weiteres Signal, dass es mehr öffentlich finanzierte Studienplätze in der Humanmedizin braucht – nicht nur als Maßnahme gegen den Mediziner-Mangel, sondern auch um Qualitätsstandards zu sichern.