Am Freitag gingen die Aufräumungsarbeiten nach dem schweren Gewittersturm vom Donnerstag in vollem Gange weiter. Rund 400 Feuerwehren stehen seit Donnerstagnachmittag steiermarkweit im Einsatz, das sind mehr als die Hälfte aller steirischen Feuerwehren. Rund 5000 Feuerwehrleute arbeiten an die 1400 Unwettereinsätze auf, am Freitag waren noch 80 Feuerwehren mit den Folgen des Vortages beschäftigt. Meldungen, wonach auch zwei Personen im Bezirk Bruck durch auf ein Auto gestürzte Bäume verletzt worden sein sollen, bestätigten sich vorerst nicht. Eine Frau, die einen Notruf abgesetzt hatte, war bereits zuvor verletzt gewesen, heißt es.
Warnung vor neuen Gewittern
"Es sind die größten Schäden am steirischen Stromnetz seit 15 Jahren entstanden", berichtete LH Christopher Drexler am Rande einer Pressekonferenz am Freitag. Er und sein Stellvertreter Anton Lang bedankten sich bei allen Einsatzkräften für ihre Arbeit. "Diese Ereignisse und ihre Auswirkungen machen betroffen. Was aber in dieser Situation dennoch etwas positiv stimmt, ist der unglaubliche Zusammenhalt, ist die Hilfsbereitschaft in diesem Land", so Drexler und Lang in einer gemeinsamen Aussendung.
Die Landeswarnzentrale rät dringend davon ab, Waldgebiete in den vom Sturm betroffenen Gebiete zu betreten. Die Gefahr ist noch nicht ausgestanden, ein Aufenthalt im Wald könnte lebensgefährlich sein.
Ein Erkundungsflug zeigte indes am Freitag die großflächigen Sturmschäden rund um den Ingeringsee im Bezirk Murtal. Eine Wandergruppe, die sich dort Donnerstagnachmittag aufgehalten hatte, konnte unverletzt geborgen werden.
Stromausfälle landesweit
Durch die Unwetter im Raum Zeltweg wurden Strommasten einer 220-kV-Leitung beschädigt. Das Umspannwerk Zeltweg dürfte noch bis zu vier Wochen lang ausfallen, es wurde eine Alternativversorgung organisiert.
Laut Energie Steiermark waren steiermarkweit zeitweise 85.000 Haushalte ohne Strom, zu Beginn der Nacht immer noch 40.000. Insgesamt waren über die Nachtstunden mehr als 150 Monteure aus allen Regionen für Reparaturarbeiten im Einsatz. Diese Zahl konnte mittlerweile bis auf 1000 verringert werden, um 17 Uhr waren noch 2500 Haushalte ohne Strom. Rund 80 Trafostationen waren Freitagnachmittag noch außer Betrieb, am Abend konnte die Zahl auf 40 verringert werden. Die Schadensschwerpunkte lagen in Seitentälern des Oberen Murtales und der Weststeiermark. Man fahre das Netz feinmaschig wieder hoch - von oben nach unten. Die weiteren Reparaturarbeiten wurden am Freitag von Regen erschwert.
Reparaturen dauern Wochen
Das Unwetter sei in dieser Dimension "fast aus dem Nichts gekommen, das war auch auf den Wetterkarten in der Netzleitwarte der Energie Steiermark nicht ersichtlich", sagt Harnik. Er selbst sei nunmehr rund 20 Jahre im Unternehmen, "so etwas habe ich noch nicht erlebt". Die Zerstörungen seien teils wüst und dramatisch, "es wird Wochen dauern, bis alle Reparaturarbeiten abgeschlossen sind, das bedeutet aber nicht, dass Haushalte nun wochenlang ohne Strom sind, da wird auch mit Aggregaten und Ersatzleistungen gearbeitet".
Gute Nachrichten vom Zugverkehr
Obendrein kam es zum großflächigen Ausfall der 110-kV-Bahnstromversorgung für Kärnten und Steiermark. Laut ÖBB konnten über Nacht viele der Störungen behoben weden. Die Behinderungen im Bahnnetz werden sich auf der Südbahn laut ÖBB bis Montag ziehen. Doch es gibt schon Licht am Ende des Tunnels: Läuft alles nach Plan, sollen die betroffenen Strecken bereits ab Samstag 0 Uhr zumindest wieder eingleisig befahrbar sein - zweigleisig voraussichtlich ab Montag mit Betriebsbeginn. Auch im Güterverkehr kommt es derzeit zu Behinderungen und möglicherweise längeren Transportzeiten, so die ÖBB. Störungen im Detail an dieser Stelle.
Dach auf Bus
Im Grazer Raum waren es maximale Böen mit 90 km/h (gemessen in Straßgang). Im Bezirk St. Peter krachten Teile des Dachs eines Supermarktes auf einen Linienbus. Zum Glück gab es keine Verletzten, ein Passagier erlitt einen Schock. In der Petersgasse wiederum kippten Sturmböen ein Baugerüst um, in der Folge wurden die Linien 6 und 64 vorübergehend gestoppt.
Im Bezirk Leoben werden die Schäden des Sturmes erst nach und nach sichtbar. In der Gösser-Brauerei wirbelten die Böen Dosen, Fässer und Müllcontainer herum, wie auch auf einem Video festgehalten wurde. Ein Video einer Augenzeugin aus Knittelfeld zeigt, wie der Sturm ein Flachdach abdeckt.
Auch in der Landwirtschaft entstanden wieder hohe Schäden, laut Hagelversicherung werden sie in der Steiermark auf rund eine Million Euro geschätzt. Die am stärksten betroffenen Gebiete sind demnach Knittelfeld, Graz-Umgebung und Weiz. Neben Maiskulturen hat es vor allem Glashäuser, Folientunnel und Netzanlagen erwischt.
In der Forstwirtschaft wird indes mit einer Schadenshöhe von bis zu 20 Millionen Euro gerechnet: Das Sturmtief am Donnerstag vernichtete rund 400.000 Festmeter Holz.
Tote in Kärnten und Niederösterreich
Besonders tragisch war die Situation in Kärnten im Bezirk Wolfsberg: Im Freizeitzentrum St. Andrä hat ein kurzes, aber enorm heftiges Gewitter mit Sturmböen mehrere Bäume entwurzelt. Die Folgen sind fatal: Zwei Mädchen wurden getötet und mehrere Personen teils schwer verletzt.
Auch in Niederösterreich starben am Nachmittag drei Menschen. Sie wurden von einem umstürzenden Baum getroffen.
Wanderer gerieten in Bergnot
In Spielberg ist man angesichts neuerlicher Gewitter rund um die MotoGP-Veranstaltung am Red Bull ring alarmiert. Die örtlichen Feuerwehren müssen beide Ereignisse bewerkstelligen.
Die Polizei hat Ausflügler aus dem Bereich Ingeringsee (Gemeinde Gaal) über die Luft evakuiert. "Insgesamt wurden 25 Personen (davon, fünf Kleinkinder) und drei Hunde mit der Libelle aus der alpinen Notlage befreit", teilte die Polizei am Abend mit. Im Bereich Reicherhube waren weitere 34 Leute eingeschlossene. Die Feuerwehr Bischoffeld legte den Weg frei und transportierte die Personen danach in ihr Rüsthaus. Vier Forstarbeiter konnten sich selbstständig über Wanderwege aus dem Gefahrenbereich in Sicherheit bringen.
Mehrere Wanderer waren durch den plötzlich aufziehenden Sturm in Bergnot geraten. Sieben Personen wurden auf dem Gipfel des Kreiskogels (Seetaler Alpen) vom Unwetter überrascht. Zwölf Mitglieder der Bergrettung Judenburg, zwei Alpinpolizisten sowie sechs Heeresbedienstete stiegen zu den in Not geratenen Personen auf und begleiteten sie sicher zur Diensthütte der Bergrettung. Wenig später gab es auch in den Rottenmanner Tauern einen Bergrettungseinsatz für drei Wanderer. Dort stiegen gleich 25 Einsatzkräfte mit Suchhunden rund drei Stunden lang durch sehr steiles Gelände zum Dreisteckengrat (2449 Meter) auf. Die Opfer waren unterkühlt und erschöpft, eine Frau verletzt.
Autobahnsperren, Bäume stürzten auf Fahrbahn
Durch den Sturm wurden auf der A 2 zahlreiche Bäume entwurzelt und stürzten auf die Fahrbahn, auch Erdreich wurde auf die Fahrbahn geschwemmt.
Die Tunnelkette Pack (A 2) war wegen eines Energieausfalls in beide Richtungen gesperrt. Dann wurde der Verkehr von Asfinag-Mitarbeitern durch die Tunnel geschleust. Nachdem gegen 22 Uhr wieder freie Fahrt gegeben werden konnte, kam es in den frühen Morgenstunden zu einem schweren Verkehrsunfall: Ein Sattelschlepper krachte gegen das Portal des Assingbertunnels. Wieder war die Autobahn gesperrt.
Betroffen war auch die A 9 Pyhrnautobahn – ein Baum stürzte bei der Mautstelle Gleinalm auf die Fahrbahn. Die A 9 war zwischenzeitlich in Richtung Graz gesperrt. Auch zwischen Kalwang und Treglwang sorgten umgestürzte Bäume für eine Sperre in Richtung Norden.
Am Freitag gibt es noch zahlreiche Straßensperren. Darunter: die B114a zwischen St. Georgen ob Judenburg und Pöls, die B 116 zwischen Leoben und St. Michael, die L 405 (Vorauer Straße) zwischen Miesenbach und Birkfeld wegen Aufräumarbeiten, die L537 Zeltwegerstraße zwischen Zeltweg und Weißkirchen. Im Ennstal bleibt die Gesäusestraße (B 146) weiter gesperrt.
>>>Aktuelle Informationen zu Straßensperren gibt es hier.