Er galt als einer der bedeutendsten Verfassungs- und Politikwissenschaftler Österreichs, als christlich inspirierter, liberaler und weltoffener Intellektueller mit barocker Attitüde, dessen äußeres Zeichen die genussvoll inhalierte Zigarre war: In der Nacht auf Freitag verstarb in Graz der angesehene Wissenschaftler Wolfgang Mantl im 84. Lebensjahr.
Tiefe Betroffenheit und Anteilnahme mit der Familie herrschten in den Reaktionen in Graz und Wien vor.
Der gebürtige Wiener zählte zu den renommiertesten Persönlichkeiten seines Faches im deutschen Sprachraum und lehrte und forschte seit 1965 an der Grazer Karl-Franzens-Universität. 1977 wurde er als Extraordinarius Nachfolger des späteren Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich, und schließlich 1979 Ordinarius. Bis zu seiner Emeritierung leitete er sodann die Abteilung für Politikwissenschaft sowie Allgemeine Staats- und Verfassungslehre an der Grazer Universität.
Zahlreiche namhafte Juristinnen und Juristen wie Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, EuGH-Richter Andreas Kumin, Joseph Marko und Klaus Poier zählten zu seinen Schülern. Der gläubige Katholik Mantl stellte sein profundes Wissen auch der Politikberatung zur Verfügung – im Bund vor allem seinem Bundesbruder im CV, Alois Mock, und Erhard Busek, in der Steiermark insbesondere Josef Krainer II., dessen enger Freund er war.
Die Schaffung des ersten Landesrechnungshofes Österreichs in der Steiermark und verschiedene Reformschritte in der steirischen Landesverfassung – so auch das Volksrechtegesetz – gehen wesentlich auf seine Initiative zurück.
Mantl war auch Gründungsvorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrats und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Neben anderen internationalen Universitäten hatte er auch eine Gastprofessur in Lemberg inne. Er war auch Autor, Herausgeber und Mitherausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Standardwerke und Träger zahlreicher hoher Auszeichnungen. Noch im April 2022 konnte ihm Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer den Ehrenring des Landes Steiermark überreichen.
LH Drexler: "Verlieren Doyen der Verfassungs- und Politikwissenschaft"
"Mit Wolfgang Mantl verliert die Steiermark – verliert ganz Österreich – einen Doyen der Verfassungs- und Politikwissenschaft", sagt Landeshauptmann Christopher Drexler in einer ersten Stellungnahme. "Wir werden ihm für seine Leistungen als international renommierte Forscherpersönlichkeit und zugleich als einen Lehrenden, der Generationen an exzellenten und anerkannten Juristinnen und Juristen in der Steiermark geprägt hat, in Dankbarkeit verbunden bleiben."
Am Samstag meldete sich auch die Spitze der Republik würdigend zu Wort. "Mit Professor Wolfgang Mantl hat Österreich einen seiner führenden Rechtsgelehrten verloren. In vielen unterschiedlichen Funktionen prägte Wolfgang Mantl die heimische juristische Landschaft und lieferte wichtige wissenschaftliche Beiträge zu Politik und Verwaltung. Als Universitätslehrer gab er sein profundes Wissen an kommende Generationen weiter. Unser Land wird diesem außergewöhnlichen Wissenschaftler und Menschen ein ehrendes Andenken bewahren", erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Ähnlich äußerte sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer, der auch für die Volkspartei sprach: "Mit Wolfgang Mantl verliert Österreich eine herausragende Persönlichkeit. Als Wissenschaftler und langjähriger Universitätsprofessor hat Wolfgang Mantl in den unterschiedlichsten Bereichen seine Spuren hinterlassen, insbesondere, indem er der Politik lange beratend zur Seite gestanden ist. So hat Wolfgang Mantl maßgeblich zur Reform der steirischen Landesverfassung beigetragen und die Schaffung des ersten Landesgerichtshofes Österreichs in der Steiermark vorangetrieben. In seinen vielen öffentlichen Funktionen, wie als Gründungsvorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrats, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des Kuratoriums des Europäischen Forums Alpbach, hat Wolfgang Mantl seine Expertise als Politikwissenschaftler und Verfassungsrechtler eingebracht. Wir gedenken in voller Dankbarkeit eines großen Österreichers, dessen Verdienste um unsere Republik wir für immer schätzen werden. Wolfgang Mantl hinterlässt eine große Lücke in Österreich."
Auch Wissenschaftsminister Martin Polaschek würdigte Mantl am Samstag: "Mit dem Ableben von Wolfgang Mantl verliert Österreich eine herausragende Persönlichkeit, einen großartigen Verfassungs- und Staatsrechtler und einen langjährigen Universitätsprofessor, der vor allem auch immer ein offenes Ohr für alle Studierenden hatte. Das Wirken von Universitätsprofessor Mantl wird uns erhalten bleiben: So trug er unter anderem maßgeblich zur Reform der steirischen Landesverfassung und der Schaffung des ersten Landesrechnungshofes in der Steiermark bei. Als Universitätsprofessor hatte er zudem Anteil an der Ausbildung von zahlreichen österreichischen Spitzenjuristinnen und -juristen. Meine aufrichtige Anteilnahme in diesen schweren Stunden gilt seiner ganzen Familie."