Jeder Häuslbauer kennt sie. Früher oder später liegt auf jeder Baustelle ein großer Haufen davon. Die Rede ist von Mineralwolle. Sie hilft dabei, Wände und Dächer zu dämmen und so Energie zu sparen. Klingt gut? Ja, bis der Haufen Wolle entsorgt werden muss.
Derzeit kommt er einfach auf die Deponie – und die Unmengen an Wolle nehmen dort Platz weg. Theresa Sattler hat sich des Problems angenommen. Als Einzige in Österreich. Die 31-Jährige ist Dissertantin am Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben. Seit vier Jahren erforscht sie, was es braucht, damit Dämmwolle nicht mehr auf der Deponie landen muss, sondern verwertet oder sogar recycelt werden kann. Und sie hat mit ihren Forschungsergebnissen dazu beigetragen, dass es ab 2027 per Gesetz verboten ist, Dämmwolle zu deponieren.
Drei Wege Wolle zu verwerten
Aber von vorne: Jährlich fallen etwa 40.000 Tonnen Dämmwollabfall in Österreich an. "Vom Gewicht her ist das keine große Menge", sagt Sattler. Immerhin sind es insgesamt mehr als 71 Millionen Tonnen Abfall, die man hierzulande pro Jahr produziert. Das Problem: Dämmwolle ist großvolumig, sie verbraucht viel Platz. "Wir brauchen den wertvollen Deponieraum aber. Auch wenn wir heutzutage viel recyceln, Asbest muss zum Beispiel auf der Deponie zugeschüttet werden." Dazu kommt, dass Wolle, die vor 1998 produziert wurde, gefährlicher Abfall ist. Ein Teil der Fasern kann die Lungen schädigen.
Ob alte oder neue Wolle, Sattler will beide verwerten: "Am Bau ist keine Zeit, großartig zu trennen." Zuerst muss der Abfall kleiner werden: "Es ist wichtig, das Volumen zu verringern, um Verwertungs- oder Recyclingoptionen überhaupt durchführen zu können." Dazu haben Sattler und ihr Team die Wolle zerkleinert, zementgebunden und brikettiert. So kann man sie schon besser deponieren.
Von hier aus hat Sattler drei mögliche Wege gefunden, um die Wolle in den Wertstoffkreislauf zu bringen. Der erste ist der "reizvollste": Recycling. Im Labor hat Sattler es geschafft, alten Mineralwollabfall mit anderen Abfällen zu konditionieren und so wieder neue Mineralwolle herzustellen. "Aus alt und gefährlich machen wir neu und ungefährlich." Groß angelegte Versuche sollen in den kommenden zwei Wochen folgen.
Eine Alternative ist, die gebrauchte Mineralwolle in der Zementindustrie einzusetzen. Hier kann sie natürliche Rohstoffe wie Kalk ersetzen. Und im Bergversatz kann die Wolle einsturzgefährdete Hohlräume stabilisieren. "Indem das Material in eine selbsterhärtende Bindemittelmatrix eingeführt wird", sagt Sattler.
Frauen für Technik begeistern
Ihre Forschungsergebnisse sind bei der Regierung angekommen. Sie bilden die wissenschaftliche Grundlage für die Änderung der Deponieverordnung. Demnach ist es eben ab 2027 nicht mehr erlaubt, Mineralwollabfälle zu deponieren. Spätestens dann sollte Sattlers Forschung also in der Praxis angekommen sein. Sie hofft schon früher darauf: "Innerhalb der nächsten drei Jahre ist vorgesehen, dass Firmen die Ergebnisse umsetzen." Mit Ende Juli ist das Projekt vorerst abgeschlossen, an einem Antrag für ein Folgeprojekt arbeitet Sattler.
Zur Technik gekommen ist die 31-Jährige übrigens über ein "Frauen in die Technik"-Praktikum. "Ich wollte eigentlich Orgel studieren", erzählt sie. Jetzt setzt sie sich dafür ein, junge Frauen in männerdominierten Sparten zu fördern. "Ich will zeigen, dass Frauen genauso eine erfolgreiche Technik-Karriere hinlegen können."