Ein ohrenbetäubender Knall, ein zerfetztes Auto, ein Toter: Als am 30. Oktober 2000 der Geschäftsmann Adolf Fuchs nur 30 Meter vom Gendarmerieposten und dem Bezirksgericht in die Luft gesprengt wurde, dachten Ohrenzeugen zuerst an eine Gasexplosion. Mit einem Bombenanschlag mitten in Kindberg hatte niemand gerechnet.
„Wir haben die Meldung bekommen, dass Adolf Fuchs auch mit pyrotechnischen Gegenständen gehandelt hat. Deshalb vermuteten wir, dass vielleicht ein solcher Gegenstand im Auto explodiert ist“, erinnert sich Hofrat Herbert Fuik, damals leitender Beamter in der Gendarmerie-Kriminalabteilung. „Als wir am Tatort eingetroffen sind und das gewaltige Ausmaß der Explosion gesehen haben, war klar, dass da etwas ganz anderes passiert war.“
Die Untersuchungen bestätigten, dass eine Bombe gezündet worden war. Wie die Sprengstoffexperten feststellten, stammte der benutzte Sprengstoff aus einer russischen Boden-Luftrakete.
Die Brand- und Mordermittler der Gendarmerie-Kriminalabteilung sowie Beamte der steirischen Sicherheitsdirektion fanden auch rasch eine Spur in die Slowakei – und die führte direkt zur damals 24-jährigen Andrea S. und ihrem 39-jährigen Ehemann Alexander.
Adolf Fuchs, Besitzer eines Spielwarengeschäfts in Kindberg, hatte schon zu Beginn der 90er-Jahre Geschäftsverbindungen in die Slowakei aufgebaut. Er lieferte gebrauchte Fahrzeuge und verleaste sie. Andrea S. war seine Geschäftspartnerin in der Slowakei. Fuchs vertraute ihr, war die Slowakin doch mit seinem Sohn Martin befreundet. Die Geschäfte funktionierten.
Erste Schwierigkeiten
Doch als die Frau den Ukrainer Alexander G. heiratete (er nahm den Namen seiner Frau an), begannen die Schwierigkeiten. Fuchs erreichten immer weniger Leasingraten. Einige Pkw verschwanden sogar spurlos. Auch beim Ankauf von zwei Liegenschaften wurden Fuchs und sein Sohn Martin betrogen. Adolf Fuchs erstattete gegen die beiden schließlich Anzeige in der Slowakei.
Alexander S. und seine Frau drohten dem Kindberger. Die Lage spitzte sich gefährlich zu, denn S. war Mitglied einer mafiaähnlichen Organisation, die mit Gegnern nicht zimperlich umging.
Die slowakische Polizei kannte den Ukrainer unter dem Namen Stefan Horvath. Als solcher reiste er in Begleitung eines Richard M. zehn Tage vor dem Bombenschlag nach Österreich ein. Die slowakischen Zöllner notierten Namen und Kennzeichen. Am selben Tag wurde sein BMW vor Fuchs Spielzeuggeschäft in Kindberg gesehen. Fuchs notierte sich das slowakische Kennzeichen.
Falsche Identität
Durch die intensiven Ermittlungen der steirischen Kriminalisten stellte sich schließlich heraus, dass es sich bei Alexander S. und Stefan Horvath um eine Person handelt. Jetzt, da die Zusammenhänge bekannt waren, erhärtete sich der Verdacht gegen Alexander S. und Richard M., dem Sohn eines polizeibekannten Bombenbauers, der zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis saß.
Die Bombe für den Anschlag in Kindberg hatte Richard M. hergestellt – und sie möglicherweise per Fernbedienung auch gezündet. Die Personenbeschreibung jenes Mannes, der zum Zeitpunkt der Explosion unter der Autobrücke in Tatortnähe gesehen wurde, passt zumindest auf ihn.
Herberg Fuik, der damals die Ermittlungen leitete, bestätigt: „Ja, der Verdacht war da, aber einen Beweis dafür konnten wir nicht finden.“
Dennoch wurden gegen die beiden Männer Haftbefehle erlassen. Ein Spezialkommando nahm Alexander S. fest – er wurde nach Österreich ausgeliefert und in Leoben wegen Erpressung, Nötigung und schweren Betrugs zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Oberlandesgericht Graz setzte die ohnehin milde Strafe sogar noch herab. Der Mord an Adolf Fuchs ist bis heute ungesühnt geblieben.
Richard M. konnte nie festgenommen werden. Er galt als „schwächstes Glied in der Kette“. Die Kriminalisten in der Slowakei gehen davon aus, dass er von Alexander S. beseitigt wurde. Spurlos verschwunden ist auch eine Frau, die im Haus wohnte, das Fuchs gehörte. Alexander S. und seine Frau sollen diese Frau öfters bedroht haben, weil sie nicht ausziehen wollte. Laut Polizei dürfte sie ebenso ermordet worden sein wie ein ehemaliger slowakischer Kunde von Adolf Fuchs.
Nervenbelastung zu groß
Für den Sohn des Mordopfers ist der Fall erledigt: Martin Fuchs führte zwar noch jahrelang einen Zivilgerichtsprozess gegen seine ehemalige Freundin und ihren Ehemann. „Herausgekommen ist nichts. 2011 habe ich aufgegeben. Es hatte keinen Sinn mehr, die Nervenbelastung war zu groß. Ich habe den Eindruck, dass in der Slowakei nicht mit Nachdruck ermittelt wurde.“