1. Wie viele Ukrainer sind bereits in die Steiermark gekommen?
Die Zahl lässt sich derzeit kaum beziffern, die Lage ist für die Behörden noch unübersichtlich, da viele Ukrainerinnen und Ukrainer auf privater Basis untergebracht sind. Im Büro von Soziallandesrätin Doris Kampus geht man jedoch davon aus, dass sich derzeit "einige Hundert ukrainische Flüchtlinge, großteils Frauen und Kinder" in der Steiermark befinden.
2. Wo kommen die Kriegsflüchtlinge derzeit unter?
Die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) hat Quartiere in Oberösterreich (Ohlsdorf und Mondsee) und in Kärnten (Villach) eingerichtet. Zudem wurde ein Raum in Traiskirchen geschaffen – dort für Ukrainer, die einen Asylantrag stellen wollen. Wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, werden Privatunterkünfte benötigt, für die sich bereits Hunderte Steirer gemeldet haben. Das soll aber nur eine Zwischenlösung sein. Der Bund spricht von einigen Wochen, in denen die Länder ihrerseits wieder eigene Quartiere schaffen sollten. Die Steiermark prüft derzeit mehrere Objekte, um – nach dem Vorbild von Wien – in Graz eine Anlaufstelle für ukrainische Flüchtlinge zu schaffen. Dort soll die Registrierung und die erste Betreuung (rechtlich wie medizinisch – inklusive Corona-Testangebot) erfolgen, ehe die Weiterfahrt in die Häuser organisiert wird. Der steirische Weg mit kleineren Quartieren, regional verteilt und in Abstimmung mit den Gemeinden – ähnlich wie beim Flüchtlingsstrom 2015 – soll aber beibehalten werden.
3. Wie kann ich Schlafplätze zur Verfügung stellen?
"Grundsätzlich funktioniert das unkompliziert", sagt Thomas Fussenegger von der BBU. Wer ein eigenes Zimmer oder leer stehende Wohnungen zur Verfügung stellen kann, kann sich unter www.bbu.gv.at/nachbarschaftsquartier registrieren, die Couch im Wohnzimmer reicht für das Programm nicht aus. Bisher haben sich mehr als 500 Steirerinnen und Steirer registriert, die über 2500 Schlafplätze angeboten haben. Bisher wurde in keine davon ein Flüchtling zugewiesen, so die BBU. Denn zunächst kommen Betroffene in die Bundes-Quartiere – erst wenn diese voll sind, werden die Nachbarschaftsquartiere aktiviert. "Eine entsprechende Info werden wir diese Woche noch an alle übermitteln, die sich bisher registriert haben", so Fussenegger. Er betont, dass sich auch Hotels am guten Zweck beteiligen: "Wir haben Betriebe, die ein ganzes Stockwerk kostenlos für Ukraine-Flüchtlinge zur Verfügung stellen." Geld ist für Unterkunftgeber derzeit nicht vorgesehen, die Leistung gilt quasi als Spende. Wesentliche bürokratische Hürden für Helfer gibt es nicht. Wichtig: Wer Flüchtlinge aufnimmt, ohne sich registriert zu haben, wird von der BBU angehalten, die Personen bei der zuständigen Landes-Abteilung zu melden. Die Sozialabteilung des Landes Steiermark ist dafür unter 0800/201010 erreichbar.
4. Erhalten Ukrainer hierzulande finanzielle Hilfe?
Grundsätzlich ja, betont man im zuständigen Sozialressort des Landes. "Die Betroffenen werden in die Grundversorgung aufgenommen", heißt es. Wie hoch die Summen in diesem konkreten Fall sein werden, war am Montag noch unklar. Dazu liefen zunächst noch Gespräche zwischen Bund und Ländern, der Innenminister muss die Zahlungen infolge per Verordnung festlegen. Es dürfte auf Zuschüsse je nach individueller Situation hinauslaufen – also etwa Geld für Lebensmittel oder Kinder geben. Klar ist: Flüchtlinge aus der Ukraine sind krankenversichert und haben in Österreich Zugang zum Arbeitsmarkt.
5. Wie lange dürfen die Flüchtlinge im Land bleiben?
Aktuell gelten für ukrainische Staatsbürger dieselben Regeln wie vor der Krieg. Sie dürfen sich innerhalb von 180 Tagen für 90 Tage ohne Visum in Österreich sowie im gesamten Schengen-Raum aufhalten. Die meisten Betroffenen, beteuern Hilfsorganisationen, hoffen, damit auszukommen – sie wollen meist wieder zurück in die Heimat und hoffen auf ein nahes Ende des Krieges. Aus aktuellem Anlass gelten diese Bestimmungen jedoch auch nach Ablauf der 90 Tage. Ukrainerinnen und Ukrainer, die dennoch ein Visum für einen längeren Zeitraum benötigen, können sich an die österreichischen Botschaften in der Slowakei und in Slowenien wenden, auch das Generalkonsulat in München kann behilflich sein. Diese Anlaufstellen gelten auch dann, wenn sich Personen bereits im Land befinden und nach Ablauf der 90 Tage ein Visum benötigen. Visa-Verlängerungen für Ukrainer, die sich bereits in der Steiermark befinden, sind bei der Landespolizeidirektion möglich. Humanitäre Gründe berechtigen laut Innenministerium jedenfalls zu einer Verlängerung. Dieser Grund ist während des Kriegszustands in der Ukraine demnach gegeben. In Kiew bietet die österreichische Botschaft derzeit nur einen eingeschränkten Service.
6. Sind Sach- oder Geldspenden gefragt?
Zahlreiche Organisationen wie Lions Club oder "Save Ukraine Graz" bemühen sich um Sachspenden. Die steirische Caritas betont jedoch, dass sich Transporte in die Ukraine derzeit schwierig gestalten. Demnach sind Geldspenden besonders wichtig, um vor Ort rasch und unkompliziert helfen zu können. Bei der Spendenaktion der Kleinen Zeitung und der Caritas sind bis gestern 460.000 Euro zusammengekommen. Um diese Summe noch zu toppen, steigt die Bildungsdirektion nun mit ein: "Menschen sind zur Flucht gezwungen, um nicht zu Opfern des Krieges zu werden. In dieser humanitären Krise sind wir alle aufgerufen, einen Beitrag leisten, um die Menschen aus der Ukraine mit unserer Hilfsbereitschaft zu unterstützen", sagt Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner. Daher werden an den Schulen ab sofort Spendenlisten aufgelegt. Wer doch lieber Sachspenden zur Verfügung stellt: Die BBZ sucht neben Hygieneartikel auch saubere Einzelbettwäsche und Handtücher. Infos unter: grundversorgung@bbu.gv.at. Außerdem arbeitet das Land an einer Online-Plattform, auf der Quartiere, Geld- und Sachleistungen gemeldet werden können.
7. Was passiert mit meinen Spenden?
Die meisten Hilfsorganisationen bringen Sachspenden derzeit, so möglich, direkt in die Ukraine, oft aber auch in die Grenzgebiete – die Caritas beispielsweise nach Polen, in die Slowakei, nach Rumänien und Ungarn. Gekauft werden mit den Geldern primär Lebensmittel, Wasser, warme Getränke, Hygieneartikel, Decken und Schlafsäcke.
8. Wohin kann ich mich bei Fragen wenden?
Die BBU hat eine Hotline für Ukrainer eingerichtet – die auch auf Ukrainisch betreut wird. Bei Fragen können sie sich rund um die Uhr unter 01/2676 870 9460 melden. Österreicher sollen wegen der großen Nachfrage von Anrufen absehen. Abseits dessen gibt es rechtliche Beratungen auch in Graz (01/2676 870 9 407) und Leoben (01/2676 870 9 409). Steirer mit Hilfsangeboten oder Fragen zur aktuellen Lage können sich an die steirische Koordinationsstelle unter 0800/20 10 10 wenden.
9. Wie schätzen Experten die Lage für die Steiermark ein?
Das Land hat einen Krisenstab eingerichtet, der aktuell nicht davon ausgeht, dass Österreich das Hauptziel der Fluchtbewegung sein wird. 80 Prozent aller ankommenden Flüchtlinge fahren weiter, betont man im Büro von Kampus, die sich bei allen Steirern "für die große Hilfsbereitschaft" bedankt. Dennoch bereitet man sich vor – auch mit der Suche nach Unterkünften, da die große Fluchtbewegung wohl erst bevorsteht, wenn humanitäre Korridore aus der Ukraine gelingen sollten.