Sie sorgten in den letzten Wochen und Monaten immer wieder für Aufregung, Skandale und sogar für den Rücktritt von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP): Plagiatsaffären.
Was man aus den jüngsten Fällen lernen kann und welche Reformen für mehr "gute wissenschaftliche Praxis" erforderlich sind, diskutierten Experten am Mittwochabend. Jurist und Politikwissenschaftler Klaus Poier vom Zentrum für Hochschulrecht an der Uni Graz lud Nicole Föger, Geschäftsführerin der Österreichischen Agentur für Wissenschaftliche Integrität, Anna Gamper vom Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck, Gerlinde Sponholz, Mitglied im Team "Scientific Integrity" (Berlin) und Stefan Weber, Medienwissenschaftler und Experte für Plagiatsforschung in Wien und Salzburg, zur Diskussion.
"Wissenschaft muss dem Problem in die Augen schauen"
"Wir wissen alle nicht, wie es mit der guten wissenschaftlichen Praxis in Österreich aussieht, weil das nie Forschungsgegenstand war", stellte Weber gleich zu Beginn der Diskussion fest. Man wisse einfach nicht mit wie vielen Plagiaten man es in Österreich zu tun hat. Der als "Plagiatsjäger" bekannte Wissenschaftler, der die Causa Aschbacher zum Laufen brachte, hoffe auf eine Studie, die das Bundesministerium in Auftrag gegeben hat und die für mehr Klarheit sorgen soll.
Weber weist darauf hin, dass sich "zwar schon einiges getan hat", was die Gesetzeslage in Österreich angeht, "aber mehr geht immer". Vor allem bemängelt der Experte, dass die Wissenschaft immer erst reagiere, wenn es einen Skandal gibt, den die Medien aufgegriffen haben: "Warum reagiert die Wissenschaft immer nur im Anlassfall? Sie müsste anders ticken als die Medien, als die Politik. Ich wünsche mir eine Wissenschaft, die dieses Problem erforscht, die dem Problem in die Augen schaut."
Auch Nicole Föger, Geschäftsführerin der Österreichischen Agentur für Wissenschaftliche Integrität, bemerke, dass ihre Agentur - die dafür zuständig ist, Plagiate zu prüfen - mehr zu tun hat, wenn gerade Plagiatsaffären in der Öffentlichkeit kursieren. Nach der Guttenberg-Affäre etwa hätten die Agentur viele Fälle zur Überprüfung erreicht. Man könne also nicht pauschal sagen, dass Plagiate ein immer größer werdendes Problem sind. "Die Frage ist, wie genau wir hinschauen. Es gibt mehr Bewusstsein und weniger Toleranz", so Föger.
"Wildwuchs" an Regeln und verschiedenen Definitionen
Eine Neuerung, die die Gesetzeslage etwa für Plagiate und Ghostwriting verändert, ist die aktuell beschlossene Novelle des Universitätsgesetz. Sie sieht etwa vor, dass Ghostwriter härter bestraft werden. "Es ist dem Gesetzgeber ein Anliegen wissenschaftliches Fehlverhalten zu sanktionieren", so Juristin Anna Gamper. Das bedeute aber nicht, dass somit alle Probleme in Luft auflösen: Die Unis und Fachgesellschaften würden oftmals noch extra eigene Regeln formulieren, es herrsche ein "Wildwuchs" an Verordnungen. Das betreffe auch das Plagiat. "Es gibt unterschiedliche Definitionen dafür und verschiedene Sanktionen. Ich plädiere dafür, dass man künftig versucht diese Definitionen zu präzisieren und die Regeln konsistenter zu machen", so Gamper.
Laut Gerlinde Sponholz, Mitglied im Team "Scientific Integrity" in Berlin ist es vor allem wichtig, den Studierenden Wissenschaftsethik zu vermitteln. Man müsse ihnen praxisorientiert und anhand von negativen Beispielen erklären, was wissenschaftliches Fehlverhalten ist und wie man dieses verhindern kann. "Wir müssen den Studierenden vermitteln, dass sie Verantwortung tragen", so die Expertin.
Übertragen wurde die Diskussion auf UniTube, moderiert hat sie Alice Senarclens de Grancy von der Tageszeitung Die Presse.