Noch heute sind weibliche Orts-Chefinnen eher eine Ausnahme. 22 Bürgermeisterinnen oder 7,7 Prozent zählt die Steiermark aktuell. Vor mehr als 70 Jahren waren sie noch die absolute Ausnahme. Bis heute gilt Zenzi Hölzl als Pionierin der Gemeindepolitik. Von 1948 bis 1958 war sie Bürgermeisterin im niederösterreichischen Gloggnitz.
Eine Südsteirerin könnte ihr nun aber posthum diese Position streitig machen. Ihre Amtszeit war zwar wesentlich kürzer, allerdings lag sie zwei Jahre voraus. Im Juni 1946 vermeldete die Tageszeitung „Volksstimme“: „Die steirische Gemeinde Oberhaag bei Arnfels hat die Bauerntochter Maria Rothschedl zur Bürgermeisterin gewählt. Es ist das erste Mal, dass in Steiermark und wohl auch in Österreich, eine Frau diesen Posten bekleidet.“
Ihr Vater Josef Rothschedl hatte sein Bürgermeisteramt zurückgelegt, so kam die Tochter zum Zug. Mit 24 Jahren wurde sie zur Orts-Chefin, doch ihre Amtszeit war nicht von langer Dauer. Schon zwei Monate später hieß es im erhalten gebliebenen Gemeindeprotokoll: „Maria Rothschedl ersucht wegen Krankheit ihren Rücktritt zu genehmigen.“ Nachfolger wurde wieder ihr Vater. So wurde alles auf Anfang gestellt.
Über die Hintergründe dieses kurzen politischen Zwischenspiels ist nichts dokumentiert. Ihr Neffe Alois Rothschedl zweifelt aber bis heute den genannten Rücktrittsgrund an. „Meine Tante hatte zeitlebens Lungenprobleme, was sie aber nicht am Arbeiten gehindert hat. Zudem war sie immer stolz auf ihre Zeit als Bürgermeisterin. Lange danach wurde sie noch darauf angesprochen und hat immer wieder davon erzählt“, so Rothschedl. Er lebt heute am Heimathof in Wuggau und erinnert sich gerne an seine prominente Verwandte.