In der ersten Phase der Impfungen gegen das Coronavirus sind Bewohner und Pflegekräfte der steirischen Pflegeheime dran, sowie Ärzte und Pfleger in den Kliniken. Folgen sollen über 80-jährige Steirerinnen und Steirer, die nicht in Heimen leben. Aber wie genau soll das ablaufen? Wie geht es dann weiter? Reicht der Impfstoff aus? Wie sieht die Strategie der Steiermark aus und wie liegt man im Zeitplan?
Um diese und mehr Fragen zu beantworten, kamen Michael Koren, der steirische Impfkoordinator, und Elisabeth König, Infektionsspezialistin der Med Uni Graz, ins Studio der Kleinen Zeitung. Bei einem Live-Talk mit Redakteuren der Kleinen Zeitung haben sich die Experten Ihren Fragen rund ums Impfen in der Steiermark gestellt.
Die wichtigsten Fragen zum Nachlesen
Werden Sie sich impfen lassen? Wenn ja, wann?
ELISABETH KÖNIG: Ich werde mich auf jeden Fall impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin.
MICHAEL KOREN: Auch für mich ist es dann eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich impfen lasse, und ich freue mich auf die Normalität, die durch eine derartige Impfung wieder möglich wäre.
Seit Freitag ist klar: Die Länder kümmern sich um die Impfstrategie. Was heißt das für die Steirer?
KOREN: Momentan gibt es nicht genug Impfstoff für alle. Wir haben angefangen, in den Alten- und Pflegeheimen zu impfen. Auch in den ersten Covid-19-Stationen der Krankenanstalten wurde geimpft. Mit dem heutigen Tag ist es so, dass von der ersten Tranche nichts mehr übrig ist. Wir warten auf die nächste Tranche, die dann im Februar kommt, mit der die nächsten 13.000 Leute in der Steiermark geimpft werden können.
Sie sagen, die erste Tranche ist weg. Ist sie auch komplett verimpft?
KOREN: Bundesseitig bekommen wir pro Woche bestimmte Kontingente zugeteilt. 5970 Fläschchen, aus denen der Impfstoff gezogen wird, wurden an uns geliefert. In der nächsten Woche wird ein großer Teil dieser Impfstoffe tatsächlich verabreicht. Wir müssen die zweite Teilimpfung sicherstellen. Was also in den Kalenderwochen 3 und 4 geliefert wird, wird nicht sofort verimpft, sondern zurückgehalten, damit jene, die bereits eine Dosis erhalten haben, auch die zweite zur Verfügung haben. In den Kalenderwochen 5 und 6 werden also wieder Impfstoffe für die erste Teilimpfung zur Verfügung stehen.
Wer ist dann dran?
KOREN: Die nächste Priorität wird es sein, die Covid-19-Stationen in den Krankenanstalten fertigzuimpfen. In der weiteren Stufe wird man den Bereich der niedergelassenen Ärzte und der Allgemeinmediziner angehen. Man wird dann auch bei den ersten Hochrisikogruppen, also etwa Dialyse- oder Transplantationspatienten, beginnen können.
Wann sind über 80-Jährige an der Reihe?
KOREN: Auch hier ist es das Ziel, möglichst rasch zu einer Durchimpfung in der Steiermark zu kommen. Es gibt 75.000 über 80-Jährige in der Steiermark und wir haben im ersten Quartal Impfstoff für 90.000 Leute zur Verfügung. Dass jetzt im Jänner und Anfang Februar alle über 80-Jährigen geimpft werden, ist rein von der Menge der Impfstoffe, die momentan zur Verfügung steht, nicht möglich.
Wieso gibt es in der Steiermark kein Online-Anmeldesystem?
KOREN: Es gibt nicht genug Impfstoff für jeden. Wenn die jeweiligen Gruppen an der Reihe sind, soll ein fairer und gut regulierter Zugang gewährleistet werden. Was nutzt mir das beste Anmeldesystem, wenn ich Ihnen heute nicht sagen kann, ob Sie im März, April oder Mai drankommen?
Städte- und Gemeindebund kümmern sich nun darum, Interessierte, die über 80 Jahre sind, zu erreichen. Warum erst jetzt?
KOREN: Es gibt bundesländerweise verschiedene Strategien. Manche Bundesländer haben Wartelisten eingeführt. Manche fangen jetzt schon an mit kleinen Dosen. Wir haben den Weg gewählt, erst einmal breit und gut zu informieren. Dann wollen wir aktiv anfragen, wer bereit ist, sich impfen zu lassen. Danach kann man den nächsten Schritt setzen und Menschen, die sich gemeldet haben, informieren, wo und wann sie ihre Impfung erhalten können.
Wann ist es so weit?
KOREN: Das kann ich noch nicht beantworten. Wir arbeiten die Prioritätenliste ab. Wir wissen nicht, wann Impfstoff von anderen Anbietern kommt.
Die schnelle Entwicklungszeit sorgt immer wieder für Angst: Wie sicher sind die Präparate?
ELISABETH KÖNIG: Es gab seitens der Europäischen Arzneimittelaufsicht (EMA) keine Abstriche im Bezug auf die Beurteilung und Sicherheit des Impfstoffes. Es ging auch deshalb so schnell, da an diesen Impfstoffplattformen schon seit Jahren geforscht wurde. Außerdem wurden weltweit enorme finanzielle und personelle Ressourcen gebündelt, um die Entwicklung des Impfstoffes voranzutreiben. Man darf Vertrauen in die Zulassungsbehörden haben.
Wie sieht es mit Langzeitnebenwirkungen aus?
KÖNIG: Langzeitnebenwirkungen von Impfungen sind prinzipiell sehr selten – und wenn, treten sie in den allermeisten Fällen innerhalb der ersten zwei Monate auf. So lange werden die Menschen in den Zulassungsstudien auch nachbeobachtet. Da sie so selten sind, findet man sie erst, wenn eine sehr große Gruppe von Menschen geimpft wird. Bei den beiden mRNA-Impfstoffen gab es glücklicherweise sehr große Studien mit 30.000 bis 40.000 Menschen. Bis jetzt sind keine schweren Nebenwirkungen bei den Studien aufgetreten.
Welche Rolle spielen die Hausärzte in der Impfstrategie?
KOREN: Sie sollen vorab informieren und dann impfen.
Wir erhielten Zuschriften von Ärzten, die sich nicht ausreichend informiert fühlen. Was ist da schiefgelaufen?
KOREN: Ich darf den einen oder anderen Arzt dazu einladen, die Post der steirischen Ärztekammer zu lesen. Es gibt vonseiten der Ärztekammer, etwa auf der Website, genug Informationen und Unterlagen, diese müssen auch benutzt werden.
Wann ist das medizinische Personal abseits der Spitäler dran?
KOREN: Ab den Kalenderwochen 6 und 7. Das Gleiche trifft auch auf die Zahnärzte zu. Auch die Rettungssanitäter sind in dieser Prioritätengruppe 1.
Können diese mRNA-Impfstoffe in mein Erbgut eingreifen?
KÖNIG: Nein. Die mRNA erreicht den Zellkern nicht. Sie dringt zwar in die Zelle ein, aber nicht in den Zellkern und wird dann sehr schnell wieder abgebaut. Im Zellkern ist die DNA und um in die Erbinformation einzugreifen, müsste die mRNA die DNA umschreiben. Das ist völlig ausgeschlossen.
Wie sieht es für jene mit einer Impfung aus, die schon eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben?
KÖNIG: Prinzipiell ist es nicht gefährlich, sich nach einer durchgemachten Covid-19-Infektion impfen zu lassen. Daten zeigen, dass man nach einer Erkrankung für einige Monate immun ist – da der Impfstoff noch knapp ist, können Menschen, die Covid-19 schon hatten, mit der Impfung also zumindest einige Monate warten.
Bei welchen Vorerkrankungen sollte ich mich nicht impfen lassen?
KÖNIG: Die einzige wirkliche Kontraindikation ist eine Allergie gegen einen Inhaltsstoff der Impfung. In allen anderen Fällen sollte man das mit dem behandelnden Facharzt abklären, auch die medizinischen Fachgesellschaften geben nun Impfempfehlungen zum Beispiel für Krebspatienten ab.
Wie ist der genaue Impf-Ablauf? Wer meldet sich bei wem?
KOREN: So werden wir von Gruppe zu Gruppe vorgehen. Bei den über 80-Jährigen werden wir fragen, wer prinzipiell Interesse hat. Wenn ich chronischer Patient bin, wird hoffentlich der Hausarzt auf mich zugehen. Wenn wir bei der Prioritätengruppe 3 angekommen sind, werden wir wahrscheinlich niemanden mehr ansprechen müssen. Es wird wahrscheinlich reichen, dass wir verkünden, dass genug Impfstoff für alle da ist.
Und wie wird ab Phase 3 geimpft?
KOREN: Primär soll dann über niedergelassene Ärzte geimpft werden. Wenn wir aber auf einmal vom einen Tag auf den anderen sehr viel Impfstoff haben, dann werden wir die Möglichkeit der Impfstraßen nutzen. Da gibt es schon die ersten Überlegungen. Eine Art Impfstraßen wird auch jetzt schon in Spitälern verwendet.
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