"Es wird kein Winter werden, wie wir ihn kennen“, schickt Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora in der aktuellen AV-Zeitschrift „Bergauf“ voraus, da war der große Lockdown noch gar nicht beschlossen. Trotzdem dürfte es heuer einen Gewinner geben: Skitourengehen scheint der Trendsport der Saison zu werden, der AV widmet dem Thema zum Einstieg 25 Seiten.
„Skitouren sind seit Jahren ein Trend, aber heuer ist es extrem“, stellte Herbert Nessler von Gigasport in Graz bereits vorige Woche auf Nachfrage fest. Da kommen „Familien, wo der Vater und die Mutter schon Erfahrung haben und heuer sagen, sie wollen auch für den Sohn und die Tochter ein Einsteigerset kaufen“, erfahrene Tourengeher bringen Freunde auf den Geschmack ... Tourengehen sei, so seine Bilanz, heuer „eine trendige Geschichte“.
Noch fehlt der Schnee. Aber schon jetzt ist klar, dass diesen Winter auch viele Anfänger unterwegs sein werden: „Da kann man nur appellieren, dass jeder, der keine Erfahrung hat, sich idealerweise an Verhaltensregeln – und an erfahrene Personen hält“, gibt nicht nur Norbert Hafner, Landesleiter des AV Steiermark, allen Einsteigern mit auf den Weg. Und: Gerade in Zeiten von Corona sei das oberste Gebot, „kein Risiko“ einzugehen. Nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch in dem der Retter und der Spitalskapazitäten.
Grundsätzlich gilt auf jeden Fall: Einfach nur in die Bindung steigen und losmarschieren, das spielt sich bei diesem Freizeitvergnügen nicht – da mag es noch so trendig sein. „Dringend“ mahnt der Fachmann, wenn möglich vorab einen Kurs zu absolvieren (wenn es Corona zulassen wird) und sich nicht allein ins Gelände zu wagen. „Aber das soll man beim Skitourengehen soundso nicht.“
Bergrettungs-Chef Michael Miggitsch pflichtet ihm bei: „Erfahrung ist das Um und Auf. Bei aller Freude und Euphorie muss man trotzdem schauen, dass man sicher und gut vorbereitet unterwegs ist.“ Das fängt bei der eigenen Kondition an – „1000 Meter Höhenunterschied als Untrainierter zu machen, wird nicht gehen“. Das ist aber auch eine Frage der richtigen Ausrüstung und deren Handhabung. Vor allem aber könne man nicht einfach „aufs Geratewohl“ losmarschieren. „Ich muss mich zurechtfinden im Gelände, ich muss mich orientieren können, muss wissen, was ich tue.“ Das gilt vor allem auch hier: Die Steiermark habe sehr gute Lawinenwarndienste, „aber ich muss das auch lesen und beurteilen und im Gelände bewerten können“. Auch der Bergretter meint: „Notfalls schließe ich mich einer erfahrenen Gruppe von alpinen Vereinen an oder nehme einen Bergführer. Das kostet ein bisschen etwas, aber da kann ich sicher sein, dass mich der wieder sicher ins Tal bringt.“
Wobei Miggitsch den Skitourengehern an sich ein gutes Zeugnis ausstellt: Nur ein kleiner Prozentsatz der rund 1800 Bergrettungs-Einsätze im Jahr gingen auf ihr Konto.
Beate Pichler