In einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) vorgeschlagen, für "bestimmte Fälle, für bestimmte Zeiten" in Zeiten von Corona zusätzliche Einschränkungen zu schaffen bzw. die Kontrollmöglichkeiten zu erhöhen.
„Ich will ja nicht in Schlafzimmer hineinschauen, aber wenn bei Privatpartys in einem Keller oder in einer Gartenhütte Exzesse gefeiert werden, muss man das auflösen können“, erklärte er. Schützenhöfer ist dafür, „dass wir hier einen verfassungsrechtlich gangbaren Weg suchen“, bei dem man auch die anderen Parteien einbinde. Derzeit ist es ja so, dass die Möglichkeiten der Exekutive faktisch an der Privattür ende.
Koalitionspartner skeptisch
Mit dem Vorstoß hat selbst der steirische SPÖ-Vize-LH Anton Lang keine Freude. Schützenhöfers Koalitionspartner: "Kontrollen im privaten Wohnbereich sehe ich skeptisch, da unsere Grundrechte – und dazu gehört das Recht auf Privatsphäre – nicht außer Kraft gesetzt werden sollten." Daher appelliert Lang "an die Eigenverantwortung der Menschen, auch die privaten Zusammenkünfte auf das Notwendigste zu reduzieren." Er sei überzeugt, dass sich der "Großteil unserer Mitbürger in den eigenen vier Wänden verantwortungsvoll verhält".
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will keine über die aktuellen Regelungen hinausgehenden Verordnungen: „Das Einschreiten seitens der Behörde ist genau geregelt und sieht auch die Auflösung von Feiern in privaten Partyräumen, Garagen oder Carports vor. Das ist ausreichend. Eine darüber hinausgehende Regelung, die in einer Bespitzelung der Wohnzimmer der Österreicher gipfeln kann, lehne ich ab", sagt Kaiser. Die Situation um Corona dürfe nicht dazu führen, dass hart erkämpfte persönliche Freiheiten und demokratische Rechte geopfert werden.
FPÖ kritisiert "Überwachungsfantasien"
Auf heftigen Widerstand stieß Schützenhöfers Vorstoß Montagvormittag bei FPÖ und NEOS. Für FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl lebe Schützenhöfer damit "seine austrofaschistischen Überwachungsfantasien aus", schrieb dieser in einer Aussendung. "Die ÖVP will offenbar unter dem Corona-Deckmantel in die Privatwohnungen eindringen", griff Kickl die Kanzler-Partei prompt an. Der Landeshauptmann sei ein "Fall für den Verfassungsschutz".
Protest kam auch von den steirischen Blauen in Person des dortigen Parteichefs Mario Kunasek, der meinte: "Die Freiheitlichen sind empört über die Aussagen und fordern den Landeshauptmann sofort zu einer Klarstellung auf."
Und auch die steirischen NEOS protestierten gegen den Vorschlag Schützenhöfers. "Die Allmachtsfantasien der ÖVP nehmen kein Ende", kommentierte Klubobmann Niko Swatek den Vorstoß und stellte für seine Partei fest: "Es darf keine verfassungskonforme Möglichkeit geben, in den privaten Raum einzugreifen."
Schützenhöfer gegen Quarantäne-Verkürzung
Anders als seine Parteikollegin Tourismusministerin Elisabeth Köstinger hält Schützenhöfer nichts davon, die Quarantänezeit von K1-Kontaktpersonen im Tourismus von zehn auf fünf Tage zu verkürzen, indem man sich „freitesten“ kann. Studien würden das nicht hergeben. „Für bestimmte Gruppen verkürzen, halte ich sowieso für gefährlich, weil warum tut man das genau für diese? Und es gibt für mich auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass man die Quarantänezeit für alle verkürzen sollte.“
Auch andere Maßnahmen, die derzeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ebenfalls ÖVP) beworben wurden, lehnt Schützenhöfer ab: „Nur weil zwei Bezirke in der Steiermark rot sind, drängt man auf Maßnahmen wie frühere Sperrstunde oder Registrierungspflicht im Gasthaus. Aber ich sehe nicht, dass dort, wo die Sperrstunde vorverlegt wurde, weniger Infektionen sind.“ Die meisten Ansteckungen passierten bei den Festen der Vereine in den Gemeinden – die steirischen Regierungsmitglieder dürfen an solchen Feiern nun nicht mehr teilnehmen, sie sollten verschoben oder abgesagt werden, rät Schützenhöfer.
Der steirische Landeshauptmann sieht kritisch nach Wien, was die Bundesregierung betrifft. Es gebe Differenzen innerhalb der Koalition, was die Corona-Maßnahmen betreffe. Dies sei zu spüren, außerdem gebe es zu wenig Koordination mit den Ländern, moniert der ÖVP-Politiker. Allerdings lobte er ausdrücklich Bundeskanzler Kurz für dessen Bemühungen.