Für Professor Markus Lehner am Institut für Verfahrenstechnik des Industriellen Umweltschutzes an der Montanuniversität Leoben ist eines klar: Ohne gewaltige technologische Neuorientierungen und neue Verfahren wird jede Strategie an der Energie- bzw. Treibhausgasfront scheitern. Ein wichtiger Eckpfeiler ist für den Forscher das Thema Wasserstoff – ohne diesen Stoff werde man wohl nicht auskommen. Im Rahmen des Projektes „Power-to-Gas“ ist er mit vielen Partnern an der Entwicklung einer Pilotanlage befasst, mit der grüner Wasserstoff und grünes Erdgas (Methan) erzeugt werden soll. Die Anlage wird unter Federführung der Energie Steiermark in Gabersdorf in der Nähe von Spielfeld (Bezirk Leibnitz) errichtet.
„Wir haben die Technologien und sie funktionieren im Labormaßstab sehr gut. Mit dieser Anlage wollen wir Erfahrungen in größerem Maßstab machen.“
Die Idee: Mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Wasserstoff kann dann einerseits direkt verwendet werden – etwa als Autotreibstoff (via Brennstoffzellen) oder in der Industrie – Stichwort sind energieintensive Branchen wie etwa die Stahlerzeugung. Oder der Wasserstoff wird mit Kohlendioxid zu Erdgas (Methan) synthetisiert, das dann ebenfalls Energieträger ist.
Doch warum das alles? Im Hintergrund steht das Problem, dass die erneuerbaren Energiequellen (Wasser, Windkraft, Solarzellen) nicht kontinuierlich arbeiten. Sie fallen je nach Wasserstand, Sonnenstand und Windverhältnissen an und haben mit dem aktuellen Verbrauch nichts zu tun.
Man hat also zwei Probleme: Man muss Strom speichern, wenn er entsteht. Und das in riesigen Mengen. Mit Batterien lässt sich das nicht bewältigen, auch Staukraftwerke reichen nicht aus. Verwendet man die Energie aber dazu, Wasserstoff und Erdgas zu erzeugen, ist diese Energie in den Gasen sehr effektiv gespeichert. Wasserstoff wird mithilfe der Elektrolyse aus Wasser erzeugt (Sauerstoff fällt dabei als harmloses Nebenprodukt an). Bei der Methanisierung entsteht aus Wasserstoff und Kohlendioxid künstliches, also grünes Erdgas.
Andererseits benötigt man die Energie sehr rasch, wenn der Bedarf steigt. Beide Gase – Wasserstoff und Methan – können schnell und effektiv in Energie umgewandelt werden. Wasserstoff etwa mithilfe von Brennstoffzellen, Erdgas kann in Gasgeneratoren sofort Strom erzeugen.
Entscheidend ist allerdings, dass diese Prozesse nicht erst recht zu verstärktem CO2-Ausstoß führen. Deshalb muss man Energie aus erneuerbaren Quellen verwenden, und zudem muss das Kohlendioxid aus nachwachsenden Quellen stammen und nicht etwa aus fossilen Brennstoffen.
Deshalb gibt es in Gabersdorf die Kopplung mit der bestehenden Biogasanlage.
„Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir einen schwankenden Betrieb gewährleisten müssen“, erklärt Lehner. Wie geht man mit dem ständigen Lastwechsel um? Denn die Biogasanlage produziert eigentlich kontinuierlich. Man wird also auch zwischen Betriebsarten hin und her schalten müssen. Und nicht zu vergessen: Es soll nicht nur technisch funktionieren, „sondern es muss sich letztlich auch wirtschaftlich rechnen“, betont Lehner.
Das Projekt ist ambitioniert und für Österreich wegweisend: Es kostet 7,5 Millionen Euro, soll ab 2021 in Betrieb gehen und soll rund 168.000 Kilo Wasserstofferzeugung pro Jahr leisten. Damit könnte ein Wasserstoffauto rund 20 Millionen Kilometer zurücklegen. Mit dem Methan könnte man rund 60 Einfamilienhäuser ein Jahr lang beheizen.