Der Präsident der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, zählt als "Anwalt der Republik" zu den wichtigsten Beraterinnen von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Und als der Mann, der seit 13 Jahren mit den rechtlichen und finanziellen Folgen des Eurofighter-Geschäfts beschäftigt ist, diesbezüglich zu den informiertesten.

Was hat sich durch die jetzige Wendung verändert? Wurde die Entscheidung damit nicht nur auf die lange Bank geschoben?

Peschorn sagt, zum einen sei nun für alle Beteiligten klar, dass die Saab 105 nicht nachbeschafft werden. Darüber gab es bisher Auffassungsunterschiede. Gleich drei Kommissionen haben sich an der Frage der künftigen Luftraumüberwachung abgearbeitet:

Die  Doskozil-Sonderkommission empfahl:

  • Ein-Flotten-System Überschallflieger: entweder Eurofighter, F-16 (USA) oder Grippen (Schweden)
  • Keine Nachbeschaffung der Saab 105
  • Pilotenausbildung mit Partnerländern sicherstellen

Die Kunasek-Evaluierungskommission empfahl:

  • Ein-Flotten-System Überschallflieger: entweder Eurofighter oder Grippen (Schweden)
  • Keine Nachbeschaffung der Saab 105
  • Pilotenausbildung mit eigenem Schulungsflieger System (nicht für die aktive LRÜ geeignet) – abhängig vom Primärsystem

Der Starlinger-Bericht empfahl:

  • Zweiflotten-System mit Überschall- und Unterschallfliegern: Nachbeschaffung der Saab 105 damit aktive  Luftraumüberwachung durch Unterschall- Trainingsflugzeuge ergänzt werden kann.

Zum anderen, so der Präsident der Finanzprokuratur, sei mit der Entscheidung, einen parlamentarischen Prozess über die künftige Form der Luftraumüberwachung einzuleiten, der Startschuss für eine neue Art des Prozesses gefallen: "Wenn klar ist, welche Funktionen gewünscht werden, dann kann verhandelt werden." Im Gegensatz zu früheren Prozessen, bei denen in einer frühen Phase Entscheidung gefallen seien, die dann den Preis bei den Verhandlungen in die Höhe trieben...

Was wird gewünscht?

Entscheidend dafür ist  die Frage, was für die Sicherheit Österreichs gebraucht bzw. gewünscht werde. Diese Festlegung, wie hoch die Einsatzbereitschaft sein soll ("24 Stunden am Tag sieben Tage in der Woche - das schafft kein Land, auch die Schweiz nähert sich nur an"), bis zu welcher Höhe die Fluggeräte aufsteigen können sollen, welchen Zweck sie genau erfüllen sollen, etc., soll nun das Parlament diskutieren, "um die Optionen für die Zeit nach Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten", hieß es am Montag in einer Aussendung der Verteidigungsministeriums.

Dass gleichzeitig die Verfahren gegen die Eurofighter-Hersteller weiter verfolgt werden, habe im übrigen keine Auswirkung auf eine allfällige Nachrüstung der Eurofighter (etwa mit Nachtsichtgeräten), wenn diese gewünscht werde, setze allerdings logischerweise die entsprechende Bereitschaft des Geschäftspartners voraus, ergänzt Peschorn im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

Eurofighter-Verfahren

  • Hier noch einmal eine Übersicht über den Stand des Eurofighter-Verfahrens, den das Ministerium am Montag veröffentlicht hat:
  • Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung seit 2002 und beim Vergleich 2007 Korruption und Täuschung seitens Airbus/Eurofighter gegenüber der Republik stattgefunden hat
  • Deswegen hat die Republik Österreich nach erfolglosen Verfahren in der Vergangenheit 2017 erneut eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht wegen Verdachts des schweren Betrugs (Strafgesetzbuch §§ 146, 147)
  • Außerdem hat sich die Republik Österreich am Strafverfahren beteiligt, um die zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen
  • Anfang 2019 wurde dieses Verfahren von der Staatsanwaltschaft Wien an die WKStA übertragen
  • Im Februar 2020 wurde bekannt, dass Airbus in einem Gerichtsverfahren in den USA erstmals eingestanden hat, weltweit unlauteres Verhalten bei der Anbahnung und Durchführung von Geschäften praktiziert Dabei wurde auch eingestanden, dass es in Österreich zumindest 55 Millionen Euro an politischen Zuwendungen gegeben hat.
  • Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse hat das Bundesministerium für Landesverteidigung in Zusammenarbeit mit der Finanzprokuratur im Mai eine neue Sachverhaltsdarstellung eingebracht.
  • Die Republik Österreich wird weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das Ziel zu erreichen, den Eurofighter-Vertrag rückabzuwickeln und von Eurofighter entschädigt zu werden.
  • Bis zur endgültigen Entscheidung der Justiz werden keine Entscheidungen in Bezug auf die Luftraumüberwachung getroffen, die die Position Österreichs gegenüber Eurofighter verschlechtern würden.