Die Gemeinde Stadl an der Mur ist Katastrophengebiet - das gab das Land Steiermark am Sonntag kurz nach 19 Uhr bekannt. "Bäche treten über die Ufer, weitere Hänge beginnen abzurutschen. Mit den örtlichen Kräften kann die Situation nicht mehr bewältigt werden", so LH-Stellvertreter und Katastrophenschutzreferent Michael Schickhofer. Und weiter: "Wir tun alles, um in dem betroffenen Gebiet für Sicherheit zu sorgen. Alle Beteiligten arbeiten auf Hochtouren."
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In der Nacht auf heute verschärfte sich die Situation weiter: Die Feuerwehren sind im Dauereinsatz, um die Verklausungen im Turrachbach unter Kontrolle zu bringen - immer wieder verfängt sich dort in einem Rechen Holz. Zudem stieg der Pegelstand des Paalbaches deutlich an. Gegen 8 Uhr soll der Einsatzstab erneut zusammentreten und über die weiteren Maßnahmen beraten. Um sich ein besseres Bild vom Katastrophengebiet zu machen, wurden bereits ein Polizeihubschrauber und eine Drohne des Landes Steiermark angefordert. Die Schulen der Gemeinde bleiben heute jedenfalls gesperrt.
Die Folgen des heftigen Niederschlags treten mittlerweile auch weiter murabwärts zutage: In Murau führt der Fluss Hochwasser, in Unzmarkt ist die B 317 überschwemmt.
Es dürfte der sprichwörtliche Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte: Als Sonntagnachmittag in der Region Murau erneut Regen fällt, beobachteten Anrainer, dass ein Hang in Predlitzwinkel (Gemeinde Stadl-Predlitz) zu rutschen beginnt. Ebenso wurden Risse sichtbar. Wegen Gefahr im Verzug mussten 30 Personen aus 15 Häusern evakuiert werden. "Der Hang ist durch die Niederschläge der vergangenen Tage und Stunden sehr instabil geworden", hieß es aus dem Büro Schickhofer. "Es hat eine Hangrutschung gegeben", bestätigte dann die Feuerwehr Predlitz gegen 17 Uhr der "Kleinen Zeitung". Mittlerweile regnete es in dem Ort nahe der Salzburger Grenze sehr stark. Laut Bürgermeister Johannes Rauter gab es mittlerweile mehrere Hangrutschungen. 40 Frauen, Männer und Kinder aus 23 Häusern wurden in Summe bis zum Abend evakuiert. Sie alle sind bei Verwandten und Freunden in anderen, sicheren Teilen des Ortes untergekommen.
Später kamen dann noch 10 weitere Personen aus dem Paalbachtal dazu. Die meisten konnten auch hier bei Verwandten und Freunden unterkommen, in der Nacht trafen aber auch erste Evakuierte im Seniorenzentrum des Arbeitersamariterbunds ein.
Die Einsatzkräfte sind derzeit an Ort und Stelle, um sich ein Bild von der Lage zu machen und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Doch die Lage ist nicht einfach: Sowohl die B 95 als auch die B 97 (und damit die Verbindungen von der steirischen Seite nach Predlitz) sind gesperrt. Feuerwehrsprecher Walter Horn: "Die Straße ist vermurt, überall liegt Geröll und Holz. Um das zu beseitigen braucht man schweres Gerät." Weitere Hilfsmannschaften können derzeit nur von Salzburger Seite zufahren, etwa von Rammingstein.
Von Behördenseite (Bezirkshauptmannschaft, Katastrophenschutz und Geologen) gab es noch am Nachmittag eine Begehung und Einsatzbesprechung. Bürgermeister Rauter: "Wir sind mit dem Katastrophenschutz und allen Einsatzkräften in Verbindung."
Auch die Lage in anderen Teilen der Region ist angespannt: Laut Feuerwehr-Sprecher Horn ist derzeit die Verbindungsstraße zwischen Ranten und Krakaudorf ebenso wegen eines Murenabgangs gesperrt. Außerdem meldeten die Feuerwehren Pumpeinsätze in Kellern.
Einsatzbereit ist derzeit auch der Arbeitersamariterbund (ABS), der in Stadl an der Mur ein Seniorenzentrum für 60 Menschen betreibt: "Wir haben Feldbetten aufgestellt und können jederzeit Evakuierte aufnehmen", berichtete Leiter Klaus Peter Sauseng. Am späten Abend trafen dann die ersten ein. Aufgrund eines Stromausfalls am Mittwoch und Donnerstag sei zudem ein mobiles ABS-Rettungsteam an Ort und Stelle. "Damit können wir auch die medizinische Versorung des Ortes gewährleisten", ist Sauseng froh.
Für die Nacht prognostizierte die Zentralanstalt für Meteorologie (Zamg) erneut Niederschlagsmengen von 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter für den Bezirk Murau und die Region Niedere Tauern. Verbunden mit heftigen Windböen: "Schon Sonntagmittag haben wir am Dachstein-Gletscher 122 Stundenkilometer gemessen. Am Samstag waren es sogar 149 km/h", so Meteorologe Albert Sudy. Eine kurzzeitige Wetterberuhigung erwartet Sudy für heute, bevor es am Dienstag nochmals zu regnen beginnt.
Jahresniederschlag des Nordburgenlands
Die Messstelle des Landes auf der Turrach zeigte gestern Abend an, dass es innerhalb der letzten 48 Stunden bereits 186 Liter geregnet hatte - in den letzten zwei Wochen sogar 507 Liter pro Quadratmeter. Das entspricht im Nordburgenland einem ganzen Jahresniederschlag.