Herr Präsident, die Weltsommerspiele in Abu Dhabi nehmen gerade voll Fahrt auf. 2017 war mit den Weltwinterspielen in der Steiermark ein Ausnahmejahr für Special Olympics Österreich. Man erreichte Zigtausende Menschen und brachte das Thema Inklusion in Köpfe und Herzen. Der Hype ist vorbei, was ist geblieben, was die Mission jetzt für Abu Dhabi?
Jürgen Winter: Für uns ist es nach den Spielen in Graz, Schladming und Ramsau die Gelegenheit, uns medial in Erinnerung zu rufen. Ja, man kann einen Hype wie 2017 nicht am Kochen halten. Aber wir haben den Herzschlag von der Steiermark aus in die Welt gesendet, das ist in Erinnerung geblieben. Und nach dem Hype kommt eben die tägliche Arbeit ...
Das Budget 2017 war mit 22,5 Millionen Euro üppig. Was sind die nachhaltigen Erfolge der heimischen Weltwinterspiele?
Es ist uns gelungen, noch mehr für unsere Athletinnen und Athleten zu tun. Die Zahl der Trainings und auch die Dichte haben wir österreichweit erhöhen können. Wir haben die Aufmerksamkeit der Helfer und Freiwilligen, die sich mit Special Olympics nachhaltig identifizieren, aber auch Türen zu Vereinen aufstoßen können. So haben Rapid Wien und Sturm Graz jetzt ein Team, in dem Sportler mit mentalen Beeinträchtigungen mit Kickern ohne Handicap trainieren. Prominente Partner – wie die Special Blackies – zu haben, ist von immensem Wert. Zum Budget noch eines: Wir haben es ja unterschritten und werden zehn Prozent der Förderungen an Bund, Land und die Gemeinden zurückzahlen – da geht es um mehr als eine Million Euro.
Was hätte besser laufen müssen, wo hat man den Hype nicht so gut genutzt?
Wir haben nicht den ganzen Schwung mitgenommen. Uns standen alle Türen offen – und wir hätten in der Nachbearbeitung der Partnerfirmen und Sponsoren sicher erfolgreicher sein können, um diese langfristig zu gewinnen. Und wir müssen auch die Strukturen unserer Organisation nachschärfen.
Was bedeutet „nachschärfen“?
Es geht um eine Professionalisierung. Wir müssen 25 Jahre nach unserer Gründung einen Generationswechsel einläuten. Das bedeutet, dass die nächste Generation an Mitarbeitern nicht mehr nur aus dem Bereich der Behindertenarbeit kommen sollte. Wir müssen ein zeitgemäßes Marketing aufbauen und uns über den Bereich Fundraising Gedanken machen. Wir leben von Sponsoren, aber auch von Kleinspendern – das ist aber eben ein Feld, das von den Schmetterlingskindern bis zur Caritas viele bestellen.
61 Athleten von Special Olympics Österreich sind hier nach Abu Dhabi gekommen, wie haben sie es in diese Delegation geschafft?
Da gibt es Sichtungen und Qualifikationen, es entscheiden natürlich nicht nur, aber auch die Leistungen. Was mich freut: Die Steirer stellen mit zehn Athleten nach Vorarlberg das zweitgrößte Kontingent. Eines noch, das auf der Habenseite ist: Es ist uns gelungen, eine bessere Förderung im Bundessportgesetz zu erreichen. Das ermöglicht uns erstmals, dass unsere Teilnehmer keinen Selbstbehalt mehr für die Reise nach Abu Dhabi zahlen müssen. Es gibt also keine soziale Barriere mehr für die Teilnahme. Es ist jedem möglich!
Bleiben wir beim lieben Geld. Was kostet Special Olympics das Projekt Abu Dhabi und wie groß ist das Jahresbudget, das Sie aufstellen müssen?
Abu Dhabi ist mit 333.000 Euro im Jahresbudget eingestellt, das bei uns insgesamt aktuell rund 1,8 Millionen Euro beträgt.
Und damit erreicht man wie viele Menschen in Österreich?
Wir bewegen 2500 Athleten bundesweit. Über die Behinderteneinrichtungen, Vereine, Helfer und Familien erreichen wir hier bis zu 15.000 Menschen. Und das alles sind auch Multiplikatoren, um die Inklusion in die Gesellschaft zu tragen. Wir sind da einen großen Schritt weiter. Aber man darf einfach nie lockerlassen.
Täuscht der Eindruck, dass Special Olympics Österreich nach den zwei Weltwinterspielen in Schladming und mit Präsidenten, die zuletzt die Altbürgermeister von Schladming waren bzw. sind, in der Steiermark besser aufgestellt ist als in anderen Bundesländern?
Das stimmt sicher, auch die Landespolitik ist in der Steiermark uns gegenüber so aufgeschlossen wie kaum eine andere. Aber das ist die Aufgabe der nächsten Jahre, dass wir auch in allen anderen Bundesländern noch stärker präsent sind.
Für die Weltwinterspiele 2017 hat man Österreich auch von der „Zentrale“ in den USA Rosen gestreut. Ist es für Sie als Präsident denkbar, dass Österreich sich ein drittes Mal für Weltspiele bewirbt?
Die nächsten beiden Weltspiele sind im Winter in Schweden und im Sommer in Berlin angesetzt, also beide Male in Europa. Dann werden wohl andere Kontinente dran sein. Aber wenn wir ein bisschen Geduld haben, könnte es schon wieder passen. Ja, Weltspiele noch einmal nach Österreich zu holen, ist sicher ein Ziel für mich.
Bernd Hecke