In Ramsau am Dachstein hat man die Worte des Kanzlers und des Vizekanzlers der letzten Tage wenig amüsiert vernommen. Für 96 Prozent der Österreicher ändere sich ja nichts, war die hohe Politik in Wien bemüht, das Problem und die Emotionen klein zu halten. Eine Kommunikationsstrategie, die bei den bundesweit 3,6 Prozent Evangelischen für Kopfschütteln sorgt. Immerhin zählen sie zu einer Minderheit, der in der Gegenreformation hart zugesetzt worden ist. Deshalb haben sie den Karfreitag als Feiertag eingeräumt bekommen.
Ein Minderheitenrecht, das in Ramsau für die große Mehrheit Gültigkeit hatte, bis der Nationalrat diesen evangelischen Feiertag nun abgeschafft hat. Denn 80 Prozent der 2824 Gemeindebürger sind in der evangelischen Hochburg der Steiermark Protestanten.
„Die Menschen hier bei uns sind in einer Schockstarre. Es herrscht ein entsetztes Staunen über den Wahnsinn, den die Regierung hier veranstaltet hat“, erzählt die evangelische Pfarrerin Martina Ahornegger von der Stimmung in der Gemeinde. Sie selbst ist durchaus kämpferisch und will die Regelung mit dem persönlichen Feiertag nicht hinnehmen: „Das wird ja immer skurriler und ist nicht akzeptabel. Da muss man die Gerichte bemühen. Jetzt fühlen wir uns als Minderheit diskriminiert.“ Ahorneggers Hoffnung: „Dass diese Regelung kippt und dann der Karfreitag ein zusätzlicher Feiertag für alle wird.“ Vom Abtausch gegen den Pfingstmontag hält die Pfarrerin nichts: „Das ist auch ein wichtiger Tag, an dem wir die Konfirmationen haben.“ Überdies halte sie einen zusätzlichen Feiertag für „wirtschaftlich durchaus verkraftbar“.
Bürgermeister Ernst Fischbacher, evangelischer Ortschef im „Ketzernest“, wie er die Gemeinde augenzwinkernd nennt, zeigt denen in Wien durchaus auch die kalte Schulter: „Im Grunde genommen ist es wurscht, was die Regierung sagt. In Ramsau wird diese Veranlassung nicht ankommen.“ Den 30 Gemeindebediensteten, inklusive des einzigen Katholiken, gibt er weiterhin frei, das hat er ja auch schon medial bekräftigt.
Bernd Hecke