Herr Samonigg, Sie sind Rektor der Med Uni Graz und Mitinitiator der Raucherkampagne „Don’t Smoke“. Die Reaktionen auf den Entscheid gegen das Rauchverbot fielen heftig und großteils negativ aus: Was sagen Sie am Tag danach?
Hellmut Samonigg: Unsere Petition für das Rauchverbot hat bereits mehr als 100.000 Unterschriften. Für mich ist das ein Ausdruck der Fehleinschätzung der Politik. Dieser Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, stößt auf massive Ablehnung in der Bevölkerung, und das zu Recht.
Sie sind Krebsmediziner: Warum ist es aus dieser Perspektive besonders dramatisch, das Rauchverbot zu kippen?
Die Konsequenzen gehen weit über das Thema Krebs hinaus: Es ist eine Paradoxie, dass wir in die Behandlung von Krebs, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gefäßerkrankungen und von Erkrankungen des Gehirns Milliarden investieren, um sie zu heilen. Gleichzeitig weiß die ganze Welt, dass Rauchen zu einem hohen Grad krebserzeugend ist, Herzinfarkte, Schlaganfälle und Gefäßerkrankungen auslöst und trotzdem schaffen wir es in Österreich nicht, dieses Wissen in Vorsorge umzusetzen. Es kann nicht sein, dass wir die eine Ursache für viele Erkrankungen – Rauchen ist allein an 15 Krebserkrankungen beteiligt – nicht effektiv bekämpfen. Wir müssen alles tun, damit Jugendliche nicht mit dem Rauchen anfangen, und jenen helfen, die süchtig sind.
Die Jugend spielt eine Rolle in der neuen Regelung: Das Alterslimit wird angehoben, Jugendliche unter 18 dürfen nicht in Raucherbereiche. Was sagen Sie dazu?
Zunächst muss man zurechtrücken: Die Anhebung des Alterslimits ist bereits von den Ländern beschlossen worden, lange bevor die zukünftige Regierung sich diese Feder an den Hut stecken kann. Und erst heute habe ich mit einem Gastronom gesprochen, der sagt, dass es völlig unmöglich ist, diese Altersgrenze im Lokal zu vollziehen.
Ein Argument von Gegnern des Rauchverbots: Es sei die Entscheidung des Einzelnen, ob er rauchen will oder nicht. Was halten Sie dagegen?
Das Rauchverbot soll vor allem Menschen, die in Lokalen arbeiten, vor dem Passivrauch schützen. Der zweite wesentliche Grund für ein Rauchverbot ist die Vorbildwirkung. Wir müssen Jugendlichen zeigen: Rauchen ist gefährlich, schaut, dass ihr damit nie anfängt. Es ist weltweit bewiesen, dass Rauchverbote dabei etwas bringen.
Laut der neuen Regelung sollen Gasträume bis 75 Quadratmeter, statt bisher 50 Quadratmeter, Raucherlokale sein können. Ist das eine weitere Verschlechterung der derzeitigen Regelung?
Ja, das deutet auf eine weitere Verschlechterung hin. Für mich ist auch der angebliche Jugendschutz eine scheinheilige Aktion. Die Lösung kann nur sein: das ursprünglich beschlossene Gesetz umsetzen!
Was glauben Sie, wie es weitergehen wird?
Es gibt eine sehr große Irritation in der ganzen Bevölkerung, nicht nur unter Ärzten. Daher gehe ich davon aus, dass es zu einem Umdenken der Verantwortlichen kommen wird.
Sonja Saurugger