Seit Wochen verwies man seitens der Energie Steiermark darauf, dass die Bauarbeiten zum Grazer Murkraftwerk "demnächst" starten würden. Seit dem frühen Montagmorgen ist es soweit: Kurz nach 7 Uhr früh fuhren auf der Olympiawiese nördlich der Puntigamer Brücke - dem künftigen Kraftwerksstandort - mehrere Bagger und Tieflader auf.
Rund 20 Bauarbeiter nehmen laut Energie Steiermark erste Arbeiten zur Einrichtung der Zufahrtswege für die Baustelle auf. In den kommenden Tagen sollen zudem Container aufgestellt werden, die entlang des Radwegs führenden Gasleitung wird ein einem Teilstück verlegt.
Murkraftwerk: Entsetzen und Freude über die Bauarbeiten
Warnung an Projektgegner
Von den Kraftwerksgegnern erwarte man jetzt "faires und vor allem rechtskonformes Verhalten", sagt Energie-Steiermark-Sprecher Urs Harnik. In einem Brief an Naturschutzbund-Präsident Johannes Gepp und an Clemens Könzcöl von der Plattform "Rettet die Mur" verlieh der Konzern dieser Aufforderung noch einmal Nachdruck. Man bekenne sich zum Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, ersuche jedoch die Grenzen dieser Rechte im Zuge allfälliger Protestmaßnahmen zu respektieren, heißt es in dem Schreiben. Konkret: Die Baustelle dürfe nicht blockiert werden. Angesichts der Kosten in fünfstelliger Höhe pro Bautag sei man verpflichtet, Vermögensschäden bei den Verursachern geltend zu machen. Als Mediator ist direkt an der Baustelle der ehemalige Landtagsabgeordnete und Polizei-Verhandler Eduard Hamedl präsent. Am späten Montagvormittag trafen am Bauzaun erste Aktivisten ein, um gegen das Projekt zu protestieren.
Die Bürgerinitiative "Rettet die Mur" reagierte in einer ersten Stellungnahme empört auf den Baustart. In mehreren Bereichen seien die Auflagen der Umweltverträglichkeitsprüfung für einen Baubeginn nicht erfüllt worden. "Von einem rechtskonformen Baustart kann man unserer Meinung nach nicht sprechen", so Christina Barwick von der Initiative in einer Aussendung. Das stellt man bei der Energie Steiermark in Abrede. Die Bauarbeiten würden von nun an ohne Pause weiterlaufen, sagt Harnik im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. "Es erfolgt jetzt ein Schritt nach dem anderen. Es wird keinen Tag ohne Aktivität geben." Die Aktivisten von "Rettet die Mur" beobachten eigenen Angaben nach die Lage, wollen aber vorerst nicht eingreifen. Eine Blockade der Baustelle ist momentan nicht zu erwarten.
Auch die Kritik der politischen Kraftwerksgegner ließ im laufenden Grazer Gemeinderatswahlkampf naturgemäß nicht lange auf sich warten. Die Grazer KPÖ warnt in einer Aussendung vor den finanziellen Folgen des "wahrscheinlich unwirtschaftlichsten Kraftwerk Österreichs". "Es sind die Grazerinnen und Grazer, die die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen die Kraftwerkslobby rund um ÖVP, SPÖ und FPÖ einbrockt", so KP-Chefin Elke Kahr. Die Grazer Grünen kritisieren abermals das aus ihrer Sicht "umweltzerstörende und unrentable Projekt". Die Energie Steiermark führe die Stadt mit Rückendeckung von Schwarz, Rot und Blau "in ein ökologisches und ökonomisches Desaster", so die grüne Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger.
"CO2--freie Stromerzeugung"
Der Konter von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) blieb angesichts dessen nicht aus. "Es ist schon sehr verwunderlich, dass gerade die KPÖ, die sonst immer die Schaffung von Arbeitsplätzen fordert, jetzt am liebsten ein Kraftwerk verhindern würde, das 1800 Arbeitsplätze sichert." Und in Richtung der Grünen: "Wer auf E-Mobilität setzen will, muss sich auf zu einer CO2-freien Stromerzeugung bekennen."