Klassenfahrt nach Brüssel: Eine liebgewonnene Tradition an der Modellschule Graz, Generationen von Schülern haben sich dafür in den Flieger gesetzt. Eine Klasse hat allerdings unlängst mit dieser Tradition gebrochen – die Klasse bestand darauf, mit dem Zug nach Brüssel zu fahren. Aus Klimaschutzgründen.
Die Entscheidung der Schulklasse ist beispielgebend für das, was mit dem Forschungsprojekt SustainAll der PPH Augustinum gefördert werden soll: nämlich nachhaltige Entwicklung im schulischen Alltag. „Der Begriff Nachhaltigkeit ist bei uns sehr weit gefasst und enthält neben konkreten Klimaschutzmaßnahmen auch einen ganzheitlichen pädagogischen Ansatz. Wir beschäftigen uns mit Nachhaltigkeit auf allen Ebenen, die den Schulalltag beeinflussen“, sagt Christiana Glettler.
Die Professorin koordiniert an der PPH nicht nur den Fachbereich Mathematik & Science, sondern leitet auch das SustainAll Projekt. Ihr Ziel ist es, Lehrkräfte und Schulleitungen dabei zu unterstützen, den Weg zu mehr Nachhaltigkeit einzuschlagen. Wie das am besten zu schaffen ist, hat sich das internationale Forschungsteam anhand von Fallstudien in Österreich, Deutschland, Portugal und Norwegen angesehen. Mittels Analyse von Best-Practice-Beispielen in Volksschul- und Unterstufenklassen wurden Gelingensfaktoren identifiziert, mit denen sich Bildung für nachhaltige Entwicklung effektiv umsetzen lässt.
„Partizipation und demokratische Prozesse haben sich dabei als ganz zentrale Aspekte herausgestellt. Wird das gesamte Schulteam – inklusive Schulwart, Küche, etc. – involviert, sind auch alle Beteiligten höchst motiviert“, sagt Glettler. Das habe sich so durch alle beforschten Schulen hindurchgezogen. Durch die Bank Verbesserungsbedarf sieht die Forscherin hingegen bei der Verankerung in den Lehrplänen: Da sei der Klimawandel noch nicht angekommen, es brauche die Unterstützung einer höheren Ebene. „Lange wurde damit argumentiert, dass man die Kinder nicht überfordern dürfe mit dem Thema. Davon muss man aber abgehen. Die Kinder haben gute Ideen und sind schließlich die Generation, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sein wird“, sagt Glettler.
Die Fallstudien haben darüber hinaus auch Material für einen Online-Kurs geliefert, der sich an Lehrkräfte richtet. Lehrer werden darin aufgefordert, sich vom Fachunterricht zu verabschieden und stattdessen einen vernetzten, themenorientierten Ansatz zu verfolgen. „Dazu ist es nötig, sich mit den Kolleginnen und Kollegen abzustimmen und zu kooperieren. Das ist freilich auch eine Frage der Offenheit und des Wollens“, gibt Glettler zu bedenken. Sie regt auch an, die Rolle der Lehrperson zu überdenken, weg von der „allwissenden Informationsquelle“ hin zum Mentor und Begleiter.
Im Projekt hat sich auch herausgestellt, dass Schulen auch organisatorische Rahmenbedingungen schaffen können, um den Nachhaltigkeitsgedanken voranzutreiben. Wieder ein Beispiel aus der Modellschule Graz: „Hier hat man Foren eingerichtet, die bei den Schülern das demokratische Bewusstsein fördern. Es wird eine Möglichkeit geboten, sich zu treffen, auszutauschen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten“, sagt Glettler. In Volksschulen hingegen funktioniere die Schulgartenarbeit sehr gut, um den Jüngsten das Thema näher zu bringen.
Auch über das Thema Ernährung lasse sich generell Bewusstsein schaffen, das hat das Forschungsteam in den höheren Klassen des Öfteren verzeichnet. „Das kommt von den Kindern in Ganztagsschulen selbst, die den ganzen Tag in der Schule verbringen und da auch etwas Sinnvolles essen möchten. Wenn solche Ideen von den Schülern aufgegriffen werden, zeugt das von einer funktionierenden Basisdemokratie in den Schulen“, sagt Glettler.