Es war ein überschaubares Grüppchen, das sich am Dienstag Nachmittag unter bleigrauem Himmel im Gelände des LKH Graz versammelt hatte. 39 Stolpersteine wurden verlegt, die an jüdische Studentinnen und Studenten erinnern sollen, die vor 85 Jahren nach dem „Anschluss“ von Österreich an Nazi-Deutschland vertrieben wurden.

Nach dem „Anschluss“ war es mit dem Studium aus

Damals war die heutige Med Uni Graz, deren Rektorin Andrea Kurz die Feier eröffnete, noch eine Fakultät der Universität Graz gewesen, an der speziell unter den Dozenten und Studierenden heftiger Antisemitismus herrschte, der sich nach dem Anschluss endgültig entfaltete. 49 jüdische Studenten befanden sich unter den rund 2000 Hörern der Uni, wie Historiker Gerald Lamprecht und Kollegen vom Centrum für Jüdische Studien erläuterten. Bis Sommer 1938 durften sie gerade noch weiterstudieren, dann wurden sie verstoßen. Zum Teil kennt man die Schicksale der 39 Personen - darunter sechs Frauen. Beinahe die Hälfte stammte nicht aus Österreich, sondern aus Osteuropa. Unter den Relegierten war auch Viktor Loewi, der Sohn des österreichischen Nobelpreisträgers und Uni-Professors Otto Loewi, der seinen gesamten Besitz inklusive seines Nobelpreisgeldes den Nationalsozialisten übergeben musste, ehe er mit seiner Familie ausreisen durfte.

Verlesung der Namen durch Studierende
Verlesung der Namen durch Studierende © Med Uni/Monika Wittmann

In den weiteren Ansprachen der zweistündigen Feier wurde auf die Schicksale einiger dieser Opfer des Nationalsozialismus eingegangen, ehe dann von heutigen Studierenden die Namen ihrer einstigen Kollegen verlesen wurden: „Hier studierte Friedrich Rosenrauch. Von der Universität vertrieben 1938. Schicksal unbekannt“, hieß es da. Von einigen Vertriebenen waren auch Familienangehörige anwesend und ergänzten ein wenig die Biografien. Sie bedankten sich auch für das Ausheben der Daten, „hier habe ich über meinen Vater einiges erfahren, das ich nicht wusste“, formulierte der Sohn von Fritz Röhr.

Unauffällige Stolpersteine am Straßenrand

Veranstaltet hatte die Stolpersteinverlegung der „Verein für Gedenkkultur“, für ihn sprach Tristan Ammerer zu Beginn einige Worte. Er betonte, dass man zwar nichts ungeschehen machen könne, aber zumindest die Opfer anerkennen könne. Der derzeitige Antisemitismus wurde übrigens nicht thematisiert. Auch die zweifelhafte, sogar üble Rolle der Grazer medizinischen Fakultät in der Nazi-Zeit war kein Thema.

Die 39 kleinen Inschriftentafeln mit den Namen befinden sich auf der Zufahrtsstraße zur Klinik eher versteckt und schwer erkennbar in einem etwa einem Quadratmeter großen Straßenstück; übrigens direkt neben einem Platz. Eingesetzt wurde während der Veranstaltung noch ein erklärender Schlussstein, während links und rechts der Verkehr vorbeifuhr.

Stolpersteine befinden sich am Straßenrand der Zufahrtsstraße zum LKH-Uni-Klinik
Stolpersteine befinden sich am Straßenrand der Zufahrtsstraße zum LKH-Uni-Klinik © Med Uni/Monika Wittmann