Nicht immer müssen Beschuldigte vor Gericht von einer Verteidigerin oder einem Verteidiger vertreten sein. Selten ist es klug, darauf zu verzichten. Ein Oststeirer geriet in ein Gerangel mit Polizeibeamten, nun erscheint er am Straflandesgericht Graz vor Richterin Catherine Farmer wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung mit einer Strafdrohung bis zu drei Jahren – ohne Anwalt.
Der 60-Jährige hatte seiner Frau einen Suizid angekündigt, woraufhin sie besorgt Alarm schlug. Der Rettung und der Polizei, die ihn schraubend unter einem Auto liegend antrafen, beschied er ungehalten: „Ihr könnt‘s wieder fahren. Ich geh nicht mit.“ Die Option fiel für die Beamten wegen „evidenter Selbstgefährdung“ aus. Er musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Besonders ein Beamter schien den Schrauber zu stören, weil der ihn am Schlüsselbein und am Arm erfasste (Version Polizei), um ihn unter dem Auto herauszuziehen, oder ihn „am Hals packte“ (Version Beschuldigter). Er wollte nur mitkommen, wenn dieser Polizist ihn nicht angreift. Die Kooperation reichte aber nur bis vor die Garage, wo er sich plötzlich wehrte. Man versuchte, ihn an der Wand zu fixieren, brachte ihn zu Boden und zog ihm gegen seinen Widerstand die Arme unter dem Körper hervor, um ihm Handfesseln anzulegen. Dabei erlitt ausgerechnet sein „Lieblingsbeamter“ Schürfwunden (schwere Körperverletzung).
„Ich habe nichts gemacht“
Der sanft sprechende Angeklagte geht vor Gericht erst in Saft, als dieser Beamte aussagt und sich mit 330 Euro Schmerzensgeld (drei Tage leichte Schmerzen) dem Verfahren anschließt. „Des stinkt!“, ruft er empört. Schnaubend und mit abschätziger Handbewegung sagt er, dass er die 330 Euro zahlt – was einem Schuldanerkenntnis gleichkommt und nicht ganz zu seiner Verantwortung passt: „Ich habe nichts gemacht!“
Ein Überwachungsvideo zeigt wegen Dunkelheit und falschem Winkel: nichts. Es müsste noch eine Kamera auf der anderen Seite geben, glaubt er. Und obwohl er das eigentlich „heute zu Ende bringen“ will, will er doch sehen, was diese Kamera aufgezeichnet haben könnte. Also vertagt die Richterin, um das Video suchen zu lassen und alle Polizisten und Rettungsleute zu laden, deren Aussagen ohnehin schon im Akt stehen.
Ein Verteidiger hätte ihm erklärt: Völlige Entlastung ist unwahrscheinlich. Und die Rechnung gibt‘s beim Urteil.