Es könnte längst alles erledigt sein für die Oststeirerin: Sie wurde vor Jahren wegen Mitgliedschaft in einer „staatsfeindlichen Verbindung“ von einem Grazer Geschworenengericht verurteilt, war aber nur eine absolute Randfigur im Orbit des „Staatenbundes Österreich“ und seiner wegen Hochverrats verurteilten Präsidentin Monika U.: Sie zahlte Mitgliedsbeitrag und erwarb ein paar „Urkunden“ – ihre bescheidene Strafe waren vier Monate Haft bedingt.
Wegen des aufwendigen Prozesses fielen aber auch 900 Euro Verfahrenskosten an, die sie nicht zahlte. Stattdessen sandte sie Drohschreiben an den Gerichtsvollzieher eines oststeirischen Bezirksgerichts, der die Schulden eintreiben sollte. Jetzt steht sie erneut vor Gericht, denn die Staatsanwaltschaft wirft ihr versuchte Bestimmung zum Amtsmissbrauch (rechtswidrige Einstellung des Exekutionsverfahrens), Erpressung und Teilnahme an einer „staatsfeindlichen Bewegung“ vor. Dieser Tatbestand mit geringerer Strafdrohung (bis zu einem Jahr) wurde inzwischen speziell für solche Randfiguren geschaffen.
„Schutz-Erklärung“ aus Russland
Eines der Drohschreiben erklärt, dass sie unter dem Schutz der Militärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation stehe – in Frakturschrift samt kyrillischer Übersetzung und gefälschten russischen Stempeln. Das „Dokument“ kann man im Internet erwerben – es ist aus dem großen Staatsverweigererprozess bekannt und folgt der Logik, dass es Österreich gar nicht gebe und daher Russland als Nachfolger der sowjetischen Siegermacht zuständige „Schutzmacht“ sei. Dem Exekutor wird erklärt, dass er der Unterzeichneten bei „rechtswidriger“ Anwendung von Gesetzen ein Kilo Gold oder den Gegenwert in anderen Edelmetallen schuldet.
„Vor Gericht stehen“ nimmt die Frau wörtlich: Sie will die mehr als zwei Stunden lang nicht sitzen. Dem vorsitzenden Richter Erik Nauta versichert sie, sie habe die Briefe, die ihr Ex-Lebensgefährte beschafft habe, nicht genau genug durchgelesen: „Ich habe übersehen, was da drinnen steht.“ Sie habe sich von diesem Gedankengut aber völlig distanziert. „Es tut mir leid.“ Der Staatsanwalt hegt Zweifel, denn manchmal schimmert ihre trotzige Haltung durch und ihre Aussage bei der Polizei unterzeichnete sie noch nach dem Muster „Vorname, aus der Familie der Nachname“.
Inzwischen akzeptiere sie, dass sie nicht in der österreichisch-ungarischen Monarchie im Herzogtum Steiermark geboren ist, sondern in der Republik Österreich, deren Gesetze auch für sie gelten, sagt sie. „Was soll ich mit Ihnen machen?“, fragt der Richter. – „Was Sie verantworten können.“ Die Mindestpensionistin, deren Probleme mit dem Staat offenbar eskalierten, als vor zehn Jahren ihr Auto gepfändet wurde, versichert ihm, dass jetzt Ruhe sei. „Versprochen?“ – „Ja.“ – „Geben Sie mir die Hand drauf?“ – „Ja“, sagt sie und reicht ihm die Hand.
Geld- und bedingte Haftstrafe für Staatsverweigerer
Die versuchte Bestimmung zum Amtsmissbrauch und die staatsfeindliche Bewegung summieren sich noch einmal auf 12 Monate bedingt und 1440 Euro Geldstrafe (360 Tagsätze). Wie der Gerichtsvollzieher nach seiner Aussage zu ihr sagte: „Wir werden bald wieder miteinander zu tun haben.“ Man wird sehen. Für eine Erpressung war die Drohung übrigens nicht konkret genug – daher Freispruch in diesem Punkt.