Verhütung betrifft alle, darauf will auch der Internationale Tag der Verhütung am 26. September aufmerksam machen. Dennoch wird zu wenig darüber gesprochen, zumindest wenn es nach Steirerin Aisha Gstöttner geht. Die 24-Jährige aus Admont hat zu Beginn des Jahres das Volksbegehren „Gratis Verhütung für alle“ ins Leben gerufen. „Das Volksbegehren ist aus einer Kampagne der Initiativgruppe Alpbach Wien, in der ich im Vorstand bin, und der gemeinnützigen Organisation ,#aufstehn‘ entstanden“, so Gstöttner. „Es hat als Petition begonnen, aber nachdem wir 2000 Unterschriften zusammenbekommen haben, hat es Sinn gemacht, daraus etwas Größeres zu machen.“

Das Thema beschäftigt die Steirerin schon lange, vor allem hinsichtlich der Kosten, die Verhütung primär für Frauen verursacht. „Dass Verhütung wichtig ist, ist dem Großteil der Leute bewusst, doch im öffentlichen Diskurs fehlt das Bewusstsein dafür, wie viel Geld investiert werden muss, um sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen oder nicht schwanger zu werden.“ Sie selbst hat sich für das Einsetzen eines Hormonstäbchens entschieden, 400 Euro hat die 24-Jährige, die zum damaligen Zeitpunkt noch studierte, gekostet. „Das sind Kosten, die nicht jede Person einfach so auf sich nehmen kann.“

Steirerin Aisha Gstöttner rief das Volksbegehren „Gratis Verhütung für alle“ ins Leben
Steirerin Aisha Gstöttner rief das Volksbegehren „Gratis Verhütung für alle“ ins Leben © Privat

Kosten beeinflussen Art der Verhütung

Frauen entscheiden sich aus diesem Grund häufig für eine Verhütungsmethode, die sie sich auch leisten können, wie Gstöttner sagt. „Eigentlich sollte es aber so sein, dass die Methode gewählt wird, die am besten zum eigenen Körper passt.“ Dass Kosten und sozioökonomische Gegebenheiten die Wahl des Verhütungsmittels beeinflussen, ergab auch eine Untersuchung des Sozialministeriums, die im Rahmen des Verhütungsberichtes 2024 veröffentlicht wurde. 1005 Frauen, darunter auch 1,2 Prozent intergeschlechtliche und 0,5 Prozent non-binäre Personen, wurden dafür befragt. 20,7 Prozent gaben bei der Frage, welche Punkte die Wahl des Verhütungsmittels beeinflussen, niedrige Kosten an. Gleichzeitig wählen 68,1 Prozent der befragten Personen ihr Verhütungsmittel anhand der Zuverlässigkeit aus. 50 Prozent gaben im Rahmen der Studie an, die Kosten für Verhütung alleine zu tragen. Verstärkt werde die Relevanz des Kostenfaktors dadurch, dass Frauen ohnehin statistisch weniger verdienen als Männer, sagt Heidrun Sagmeister, Assistenzärztin in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Graz.

Im europaweiten Vergleich des sogenannten „Contraception Policy Atlas“ liegt Österreich deshalb bei 47 Ländern auf Platz 20, da die Kosten für unabhängige Beratung und Verhütungsmittel selbst zu tragen sind und als „hochschwellig einzustufen sind“. Das UN-Frauenrechtskomitee empfahl bereits im Bericht 2019, dass die Kosten von der Krankenversicherung übernommen werden sollten. „Vor allem junge Menschen, die wenig oder gar kein Taschengeld bekommen, geben das wenige Geld, das sie haben, dann eher nicht für Verhütung aus“, so Gstöttner. Insgesamt 29,3 Prozent der Befragten gaben dahingehend im Rahmen der Studie des Sozialministeriums an, anzufangen zu verhüten oder sich für eine andere Methode als bisher zu entscheiden, wenn die Kosten übernommen werden würden. „Wenn die Verhütungskosten übernommen werden, entscheiden sich viele Menschen auch lieber für eine zu ihnen passende Langzeitmethode“, so Gstöttner.

Assistenzärztin Heidrun Sagmeister
Assistenzärztin Heidrun Sagmeister © LKH Graz

Mehr Zeit für Beratung benötigt

Auch sexuell übertragbare Infektionen würden sich so leichter verbreiten. Dass bei jungen Menschen ein Anstieg von Infektionen zu verzeichnen ist, bestätigt auch Sagmeister: „Vor allem Chlamydien treten bei jungen Frauen vermehrt auf, dazu kommen zahlreiche Fälle, in denen Frauen mit Juckreiz, Schmerzen und Ausfluss zu uns ins Krankenhaus kommen.“

Im Bereich der niedergelassenen Ärzte sei zudem ein Problem, dass Gynäkologinnen und Gynäkologen zu wenig Zeit für Beratung bleibt. Auch am Honorarzettel bleibt für niedergelassene Ärzte bei Beratungen aufgrund der gesetzlichen Lage am Ende wenig übrig. „Dabei ist Beratung vor allem für junge Menschen enorm wichtig, da es inzwischen so viele Präparate gibt, die auf die Bedürfnisse der Frauen angepasst werden können.“ Laut Verhütungsbericht fühlen sich tatsächlich nur 28,4 Prozent der 14- bis 20-Jährigen sehr gut über Verhütungsmethoden informiert.

Sexualbildung fördern

Aus diesem Grund fordert Gstöttner im Rahmen des Volksbegehrens unter anderem auch gratis Verhütungsberatung. „Die reine Beratung ist eine Privatleistung, was bedeutet, dass Menschen, die ohnehin schon wenig Geld haben, häufig darauf verzichten.“ Der Verhütungsbericht unterstreicht allerdings, wie wichtig Frauenarztpraxen als Informationsquellen für Frauen sind, denn 75,9 Prozent geben ihren Arzt oder ihre Ärztin als erste Anlaufstelle für Verhütungsfragen an.

Neben gratis Beratung und gratis Verhütungsmitteln fordert Gstöttner zudem die gratis Pille danach und mehr Sexualbildung an Schulen. „Über Geschlechtsverkehr, damit einhergehende Krankheiten und Verhütung zu sprechen, ist immer noch mit Scham verbunden, dieses Thema sollte endlich entstigmatisiert werden, da wir alle davon betroffen sind.“ Dass der Bedarf vorhanden ist, zeigt die Pilotregion in Vorarlberg, wo 3500 Frauen gratis Zugang zu Verhütungsmitteln erhalten, das Projekt wurde von Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch und dem Gesundheitsministerium ins Leben gerufen. Mit ihm ist auch Gstöttner und ihr Team im regelmäßigen Austausch. „Der Verhütungsbericht zeigt, dass unsere Anliegen auf belegbaren, gesellschaftlichen Problemen fußen.“

14.000 Unterschriften hat das Volksbegehren bisher erreicht, bis zur Eintragungswoche will Gstöttner die 70.000 Unterstützungen knacken. 100.000 braucht es, damit das Thema im Nationalrat aufgegriffen wird. „Und selbst, wenn wir das nicht schaffen sollten, sehe ich das Volksbegehren auch als meinen Bildungsauftrag, um mehr Bewusstsein für das Thema in der Gesellschaft zu schaffen.“