Mit ihren 38 Jahren hat die Angeklagte bereits ein ereignisreiches, nicht ganz stressfreies Leben hinter sich: Sie ist gelernte Tischlerin, hat die Abendmatura gemacht, besuchte die Theresianische Militärakademie – und wurde bereits acht Mal verurteilt. Irgendwo ist sie falsch abgebogen, immer ging es um Geld und um betrügerische Absicht: Betrug, schwerer Betrug, schwerer gewerbsmäßiger Betrug, Falschgeld, Falschaussage. Vier Kinder hat sie, die alle fremduntergebracht sind. „Haben Sie Schulden?“, fragt Richter Gerhard Leitgeb. „Ja, 230.000 Euro, aber laut Schuldnerberatung sind es nur um die 70.000, weil vieles verjährt ist“, meint sie hoffnungsfroh. Sie bemüht sich um Schuldenregulierung und einen Privatkonkurs.
Aktuell verdankt sie ihre Vorführung aus der U-Haft der Anzeige eines Mannes, dem sie 25.900 Euro herausgelockt hat, bis es auch ihm zu viel wurde. Erst lieh ihr der augenscheinlich naive Mann die Kaution für eine größere Wohnung, dann fielen Mechanikerkosten an, ein Chiropraktiker war nötig. Geld für einen „Militärhund“ gab er auch noch. „Er hat mir das Geld für die Kaution gegeben...“ – „Und da haben Sie gedacht: Das geht leicht, den nehme ich aus“, ergänzt der Richter.
Sie versprach Rückzahlung, obwohl zu dieser Zeit bereits 83 (!) Exekutionsverfahren gegen sie geführt wurden. Außerdem hat sie mit Daten realer Personen in einem Reitsporthaus Waren bestellt. Einziger Fehler: Die Betroffenen wussten davon nichts und die Waren wurden nicht bezahlt. „Im Nachhinein war mir klar, dass ich Scheiße gebaut habe.“
In sich zusammengesunken und mit gesenktem Blick verkörpert sie Reumütigkeit und ist voll geständig. Mit der Bezahlung der Bestellschulden und der Rückzahlung von immerhin 5000 Euro an den Betrogenen aus der Haft heraus lukriert sie neben dem Geständnis einen weiteren Milderungsgrund: teilweise Schadenswiedergutmachung.
Voll geständig? – Nicht ganz: „Ich habe meinen Hund nicht vernachlässigt“, wehrt sie sich vehement gegen den Vorwurf der Tierquälerei. Sie weiß nicht, woher der Vorwurf kommt, der Hund sei abgemagert, zeckenbefallen und verfilzt gewesen. Sie hat Fotos, um seinen guten Zustand zu belegen. Ein Zeuge ist nicht erschienen, weil er „keinen Bock“ hatte, richtet eine andere Zeugin aus. Ihm droht eine Geldstrafe. Der Verteidiger verzichtet nicht auf diesen Zeugen und macht eine ganze Reihe weiterer namhaft, die den guten Zustand des Hundes bezeugen können.
Schlimm, aber keine Schwerstkriminalität
Wegen der vielen einschlägigen Vorstrafen wären statt drei sogar viereinhalb Jahre Haft möglich. Der Richter verhängt für schweren gewerbsmäßigen Betrug und betrügerischen Datenmissbrauch aber „nur“ zwei Jahre Haft. „Das ist ausreichend. Was Sie gemacht haben, ist schlimm, aber es gehört nicht zur Schwerstkriminalität.“ Auch 14 Monate bedingt, die noch offen sind, muss Sie vorerst nicht absitzen. „Nutzen Sie es als Ihre letzte Chance, Ihr Leben in den Griff zu bekommen. Das nächste Mal könnten es drei Jahre sein, dann vier...“ – Sie nimmt dankbar an.
Die Tierquälerei wird ausgeschieden. Möglich, dass das Verfahren angesichts des riesigen Aufwandes, der nicht einmal zwingend zu einer Zusatzstrafe führt, überhaupt eingestellt wird.