Eine Spur der Verwüstung zieht sich nach den Unwettern Mitte September durch große Teile Niederösterreichs. Fünf Menschen verloren durch die Folgen des massiven Niederschlags ihr Leben, auch in Teilen der Steiermark sorgte das Wetter zum wiederholten Male 2024 für Katastropheneinsätze und Zivilschutzalarm. Mittendrin: Tausende Freiwillige Feuerwehren aus ganz Österreich. Das ganze Land zählt insgesamt nur sechs Berufsfeuerwehren, die restlichen Einsatzkräfte leisten ihre Arbeit ehrenamtlich. Kann in Zeiten immer heftiger werdender Unwetterereignisse die Einsatzlast auch in Zukunft von Freiwilligen gestemmt werden? Wie viel kann ihnen zugemutet werden?

Für Kommandant Andreas Reiter von der Deutschfeistritzer Wehr ist die tiefe Verankerung in Österreich einzigartig. „Mich macht es wirklich stolz, dass wir als Feuerwehr-Mitglieder gebraucht werden. Dieser Wille und das Verlangen, zu helfen, ist ganz tief in uns verankert. Gleichzeitig wissen wir, dass wir uns auf Hilfe von außerhalb verlassen können.“ Dass Katastrophenhilfe zu einem Großteil auf Freiwilligenarbeit fußt, hält der Steirer nicht für einen Nachteil, im Gegenteil. „Hätte man ausschließlich Berufswehren, würde das immense Kosten verursachen. Außerdem bedeutet Feuerwehr für uns nicht nur, dass wir helfen können, sondern auch ein Gemeinschaftsgefühl, das wir nicht missen wollen würden.“ Aus Kameradinnen und Kameraden werden Taufpaten, Beistände, lebenslange Freunde, wie Reiter sagt, der selbst seit seinem zwölften Lebensjahr bei der Wehr ist.

Jeder Einsatz ein Risiko

Bei der Vereinbarkeit mit dem Beruf ist unterdessen schlicht Koordination gefragt. Reiter weiß genau, welche Mitglieder er zu welchen Einsätzen schicken kann. „Wir sind dankbar, wenn Arbeitgeber die Feuerwehrtätigkeit unterstützen, aber man darf natürlich auch die Lage der Unternehmen nicht vergessen, schließlich wollen auch sie pünktlich vereinbarte Aufträge abschließen, um ihr Geld zu verdienen.“ Mit der Aktion „Feuerwehrfreundliche Arbeitgeber“ werden aus diesem Grund immer wieder Firmen durch Landes- und Bundesfeuerwehrverband ausgezeichnet. „Da geht es um Wertschätzung.“

Mit jedem Einsatz begeben sich die Mitglieder der Feuerwehr in Gefahr. Ein Feuerwehrmann in Niederösterreich rutschte bei Auspumparbeiten über eine Stiege und starb. Andreas Reiter kam im Juni selbst in eine brenzlige Lage, er musste inmitten der Fluten in Deutschfeistritz an einer Haltestelle ausharren, das Wasser hatte ihn eingeschlossen. „Ich konnte nur zuschauen, wie ein paar Meter entfernt ein Paar mit dem Auto feststeckte und konnte trotz allem Equipment nichts tun, damit hadere ich jetzt noch.“ Sein Kommandantenkollege in Thörl, Lukas Ebner, hat einen Monat später Vergleichbares erlebt. „Man hat das jetzt schon im Hinterkopf“, sagt er. Das Risiko jedes Einsatzes ist ein ständiger Begleiter: „Natürlich denkt man manchmal darüber nach, dass die Möglichkeit besteht, auszurücken und nicht mehr heimzukommen“, so Reiter.

Nachwuchs bleibt nicht aus

Nach drei Hochwassern in zwei Monaten ist die Situation in der obersteirischen Gemeinde angespannt, auch im Hinblick auf nächste Sommer. „Man hat die Angst, dass es wieder so kommt. Wenn es bei uns zu regnen beginnt, schaut schon jeder hinaus und wird ein bisschen unruhig“, stellt Ebner fest. Das Thörler Rüsthaus wurde infolge der Regenfälle mehrmals beschädigt, Geräte wurden kaputt, das jährliche Rüsthausfest fiel dem Hochwasser zum Opfer. „Heuer werden wir mit einem Minus aussteigen, aber es kommen wieder bessere Zeiten. Ich hoffe, dass uns das Land Steiermark nicht im Stich lässt.“

Trotz der kräftezehrenden Einsätze meldeten sich in Thörl dieses Jahr gleich fünf Erwachsene freiwillig, obwohl Quereinsteiger prinzipiell selten seien: „Sie haben gesehen, was die Feuerwehr für einen Zusammenhalt hat, was für eine gelebte Kameradschaft das ist“, meint Ebner, dem im Rüsthaus bereits die Spindplätze ausgegangen sind. In Deutschfeistritz wünscht sich Kommandant Reiter trotz genügend Jugendmitgliedern mehr Nachwuchs: „Vielleicht bekommen wir die Jugendlichen irgendwann wieder mehr von ihren Bildschirmen weg, und dazu, ihre Zeit mit sinnvolleren Dingen zu füllen – egal ob bei Wehr, Rotem Kreuz oder anderen Freiwilligenorganisationen.“