Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) schießt scharf gegen das heimische Müllkartell: Nach jahrelangen Ermittlungen wird jetzt gegen die Grazer (bzw. Feldkirchner) Firma Saubermacher (SDAG) erstmals eine empfindliche Geldbuße verhängt. Fast 20 Jahre lang soll es Preis- und Marktabsprachen gegeben haben, sagen die Kartellwächter. Konkret beantragte die BWB die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 7,085 Millionen Euro.

Die Kleine Zeitung berichtet hier als erstes Medium exklusiv über die Entwicklungen. Seit heute, Montag, steht fest, dass die BWB beim Kartellgericht einen Geldbußen-Antrag gegen Saubermacher eingebracht hat. Es ist der Anfang einer Lawine: Gegen zahlreiche weitere Firmen sind ebenfalls Strafanträge zu erwarten. Denn das Kartell soll in ganz Österreich gewirkt haben, zum Schaden von Gemeinden und Steuerzahlern.

Saubermacher akzeptiert Geldbuße der BWB

Wie Saubermacher in einer Presseerklärung feststellt, habe man „durch umfassende Kooperation wesentlich zur Aufklärung beigetragen und akzeptiert die Geldbuße in der Höhe von 7.085.000 Euro“: „In dem von der BWB untersuchten Zeitraum von Juli 2002 bis März 2021 wickelte Saubermacher österreichweit insgesamt rund 1.000.000 (eine Million) Aufträge ab. Die BWB hat gemeinsam mit Saubermacher rund 80 Einzelfälle in einem Zeitraum von 20 Jahren identifiziert, die kartellrechtlich wie auch nach unserem Werte- und Ethiksystem nicht akzeptabel sind. Von Anbeginn der Untersuchungen hat Saubermacher vollumfänglich mit der BWB kooperiert. Das hat die Aufklärung der betroffenen Sachverhalte deutlich erleichtert bzw. in etlichen Bereichen erst ermöglicht. Das Unternehmen hat selbst ein hohes Interesse an der Aufdeckung, um derartiges Fehlverhalten in Zukunft verhindern zu können“, so Saubermacher.

Kooperation mit Wettbewerbshütern

Saubermacher hatte in den Ermittlungen zwar kooperiert und bewarb sich um den Kronzeugen-Status, geht aber, anders als die ebenfalls beteiligte, niederösterreichische Firma FCC Austria Abfallservice, nicht straffrei aus. Weil man für die umfassende Immunität offenbar zu spät die Mithilfe bei der Aufklärung anbot. Bei Saubermacher hat man bisher vereinzelte Fehler zugegeben. Die riesige Mehrzahl aller Geschäftsfälle sei aber absolut korrekt abgelaufen. Es gehe um Probleme „im Promillebereich“, außerdem sei alles schon lange her, hieß es aus Firmenkreisen. Das Unternehmen dürfte das Bußgeld aber schon längst in der Bilanz zurückgestellt haben.

Mitarbeiterin packte aus

Den Stein ins Rollen gebracht hat 2021 eine Whistleblowerin – dem Vernehmen nach eine im Unfrieden geschiedene Ex-FCC-Mitarbeiterin, die daraufhin bei der BWB über unsaubere Methoden der Branche auspackte. Die Verdachtsmomente haben es in sich: Mindestens von Juli 2002 bis März 2021 soll es Preisabsprachen, Marktaufteilung und den „Austausch wettbewerbssensibler Informationen“ gegeben haben.

„Durch die Gebietsaufteilung und Kundenaufteilungen schufen die beteiligten Unternehmen ein ineinandergreifendes Konstrukt aus Kartellen, das letztlich ganz Österreich umfasste“, tadelt die BWB. Sie startete umfangreiche Ermittlungen: Am 16. März 2021 und im April 2022 gab es Hausdurchsuchungen bei bundesweit mehr als 20 Firmen, darunter auch Saubermacher.

60 Terabyte Daten

Nach vielen weiteren Whistleblower-Meldungen und umfangreichen Einvernahmen hält man jetzt im Müll-Krimi bei mehr als 2000 Aktenseiten und 60 Terabyte Daten. Der Schwerpunkt der Kartellermittlung betrifft die Abfallsammlung, daneben prüfte man aber auch die Weiterverarbeitung in Form von Trennung, Recycling und Verwertung sowie die Entsorgung von Abfällen.

Die Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf-Borsch
Die Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf-Borsch © APA/Georg Hochmuth

Natalie Harsdorf-Borsch, Generaldirektorin der BWB, kündigte ein hartes Vorgehen gegen das Müll-Kartell an: „In diesem Jahr ist mit Geldbußenanträgen gegen eine Reihe weiterer Unternehmen zu rechnen. Wir haben alles sehr detailliert aufgearbeitet. Gerade im Sinne der Gemeinden und letztlich der Steuerzahler ist es wichtig, dass hier alles ordnungsgemäß abläuft.“