Wolfg. Amade Mozart steht in verschnörkelter Schrift auf dem Notenblatt, das jahrelang im Grazer Landesarchiv schlummerte. Dennoch wurden die „Mailänder Variationen“ bisher lediglich dem Umfeld Mozarts zugeordnet. Der Grund: Sie galten als „unmozartisch“. Das könnte sich nun ändern. Denn der deutsche Wissenschaftler, Carsten Wollin, ordnet das Werk nun Mozart zu. Er ist es auch, der zum ersten Mal das um 1791 in Wien entstandene Manuskript publizierte. Im Zuge dessen legte er auch neue Argumente zur Herkunft der „Mailänder Variationen“ dar und schloss darauf, dass sie aus der Feder des Wunderknaben Mozarts stammten.

Das Werk ist weniger bekannt und dürfte seit zweieinhalb Jahrzehnten nicht mehr gespielt worden sein. Zeitlich fällt das Werk in eine siebenjährige Zeitspanne, aus der bisher keine Klavierstücke Mozarts bekannt waren. „Mozart war zeitlebens nicht in Graz, umso erfreulicher ist es, dass die jüngste Mozart-Entdeckung in unserem Haus gemacht wurde. Die wissenschaftliche Arbeit von Carsten Wollin macht es plausibel, dass die ‚Mailänder Variationen‘ auf den jungen Mozart zurückgehen“, erklärt Landesarchiv-Direktor Gernot Peter Obersteiner.

Komposition zur Hochzeit des Sohns der Kaiserin

Bisher bereits bekannt war allerdings der Anlass für die Entstehung der „Mailänder Variationen“. Die Hochzeit von Erzherzog Ferdinand Karl, dem vierten Sohn von Kaiserin Maria Theresia, am 15. Oktober 1771. Mozart war zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt und komponierte für die Hochzeit die Oper „Ascanio in Alba“. Die „Mailänder Variationen“ entstanden zeitgleich, die Autorenschaft blieb allerdings bisher im Verborgenen. Zudem wurden sie bisher nur dreimal in der musikwissenschaftlichen Literatur erwähnt und noch nie veröffentlicht.

Ein erster Hinweis auf eine mögliche Autorenschaft Mozarts gelang aber bereits dem Musikhistoriker am Landesarchiv Paul Duncan. Denn er konnte nachweisen, dass das Manuskript der „Variationen“ aus der Werkstatt des Wiener Kopisten Johannes Traeg stamme und damit möglicherweise noch zu Mozarts Lebzeiten angefertigt wurde. „Die Historiker haben mit diesem Sensationsfund ausgezeichnete Arbeit geleistet! Wir können wirklich stolz sein, dass Mozart in der Steiermark ein Comeback feiert“, betont Landeshauptmann Christopher Drexler, in dessen Zuständigkeitsbereich auch das Steiermärkische Landesarchiv fällt.

Ins Landesarchiv gekommen sind die „Mailänder Variationen“ 2005 als Teil der sogenannten „Lannoy-Sammlung“. Denn seit 2005 werden Teile der Bibliothek des Johann-Joseph-Fux-Konservatoriums im Landesarchiv verwahrt, in dessen Besitz die Sammlung ist.