Es ist ein Samstag im Juli. Die Sonne strahlt vom Himmel, über 30 Grad. Eine Grazerin beschließt, den Nachmittag mit einem Freund in der oststeirischen Therme Bad Blumau zu verbringen. Ein Bikini-Oberteil hat die 37-Jährige nicht eingepackt, sie schwimmt lieber nur in Badehose – oben ohne. Was sie damit auslöst, hätte sie nicht für möglich gehalten.
Der Tag endet für sie mit einer Begegnung mit der Polizei und einem Hausverweis. „Ich schwimme einfach lieber oben ohne, eine Hose habe ich eh an. Ich wurde auch schon in der Vergangenheit in Grazer Freibädern angesprochen, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, schildert die Frau. Oft hätten sich andere Gäste oder Bademeister sogar entschuldigt, „wenn ich gefragt habe, warum mir nicht das Gleiche gestattet ist wie Männern, nur weil ich einen Busen habe.“ Nicht so diesmal.
Polizei gerufen
Die Grazerin erzählt, dass der Bademeister sie auf die Hausordnung aufmerksam gemacht habe und dass sich Familien mit Kindern bereits beschwert hätten. „Schlussendlich kam sogar die Direktorin der Therme. Nach einer langen Diskussion hat sie die Polizei gerufen“, erzählt die 37-Jährige. „Die sind zu viert aufmarschiert.“ Sie und ihr Begleiter wurden von den Exekutivbeamten zur Kasse begleitet.
Video: Das sagen die Badegäste
Die Direktion der Therme, Melanie Franke, meint auf Nachfrage zur Kleinen Zeitung: „Wir haben die Dame höflich gebeten, die Badeordnung einzuhalten.“ Diese sieht in Bad Blumau vor: „Das Tragen von Bikinis (Ober- und Unterteil), übliche Badeanzüge, Badehosen ... ist im gesamten Thermal- und Bade- sowie Liegebereich verpflichtend“.
Badeordnung kann Regeln vorgeben
Sonderbar bleibt der konkrete Fall dennoch. „Oben ohne baden ist ja heute nichts Ungewöhnliches mehr. Betreiber können das natürlich ausschließen, wenn sie es in ihre Badeordnung schreiben. Laut Konsumentenschutzgesetz müsste man auf so einen ungewöhnlichen Inhalt den Vertragspartner auch klar hinweisen, also durch Fetten oder Einrahmung in der Badeordnung“, meint Michael Wiesler, steirischer WKO-Obmann für Gesundheitsbetriebe.
Thermendirektorin Franke betont, dass es einen eigenen FKK-Bereich gebe, einen Saunabereich und dass die Badeordnung „am Eingang und in den Garderoben hängt.“ Man bemühe sich um jeden Gast und hat in dem Fall „ein vernünftiges Gespräch“ gesucht, aber die Betroffene habe herumgeschrien.
Gleichbehandlungsanwaltschaft eingeschaltet
Die Frau wiederum sagt, „mir war das unangenehm, dass ich da so angesprochen wurde.“ Sie meldete sich bei verschiedenen Stellen. „Wir hatten einmal so einen ähnlichen Fall mit mehreren Frauen im Freibad, da haben wir ein Interventionsschreiben geschickt“, sagt Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. Im konkreten Fall habe man an die Gleichbehandlungsanwaltschaft verwiesen.
Deren Regionalleiterin für die Steiermark, Susanne Prisching, erklärt: „Das Gleichbehandlungsgesetz schützt in der Arbeitswelt vor Diskriminierung oder Belästigung, aber auch in sonstigen Lebensbereichen. Hier wären wir beim Geschlecht. Man könnte einen Antrag an die Gleichbehandlungskommission stellen.“ Das Gleichbehandlungsgesetz sieht im Falle einer Verletzung Schadensersatz vor.
Berlin und Bewusstsein
„Judikatur zu einem solchen Fall gibt es bei uns in der Steiermark noch nicht“, sagt Prisching. In Berlin wurde hingegen bereits ein Urteil in ähnlicher Sache gefällt: Nach einer Klage entschied das Höchstgericht, dass auch für alle Frauen oberkörperfrei in öffentlichen Bädern erlaubt sei. Frauen dürften nicht schlechter behandelt werden als Männer. Badeordnungen mussten geändert werden.
Prisching: „Wir unterstützen diese Entscheidung mit der Begründung, dass eine unmittelbare Diskriminierung des Geschlechts stattgefunden hat.“ Die junge Grazerin ergänzt: „Mir geht es in meinem Fall nicht um Geld oder Schadenersatz, sondern vor allem um Bewusstseinsbildung.“