Nicht nur bei Autoreifen entsteht durch die Reibung mit der Straße Abrieb. Im Bahnverkehr gilt ein ähnliches Prinzip zwischen Rädern und Gleisen. Die Feinstaubemissionen aus dem Abrieb von Zügen wurden nun von Forschenden der TU Graz untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Emissionen an Bahnhöfen und Abschnitten mit Geschwindigkeitsbeschränkung beachtlich sein können. Bei Tests auf der Strecke lagen sie im deutschen Testgebiet im Tagesmittel bei 50 Prozent des gesetzlichen Grenzwertes.
Schwebstoffe mit einem aerodynamischen Durchmesser von unter zehn Mikrometern werden als Feinstaub (PM10) bezeichnet. Diese Partikel sind klein genug, um eingeatmet und in der Lunge abgelagert zu werden, was die Lungenfunktion beeinträchtigen kann, wie Daniel Fruhwirt vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz gegenüber der APA erklärte. Im Allgemeinen gilt der Schienenverkehr als umweltfreundliches Verkehrsmittel. Doch neben den Abgasemissionen treten ebenso nicht verbrennungsbedingte Emissionen durch Reibung respektive Abriebprozesse auf. Und so produzieren Schienenfahrzeuge nicht vernachlässigbare Mengen an Feinstaub.
Löwenanteil entsteht beim Bremsen
„Der Löwenanteil mit rund 75 Prozent entsteht beim Bremsen, aber auch der Kontakt von Rad zur Schiene bis hin zum Abrieb vom Stromabnehmer an den Oberleitungen fällt ins Gewicht“, schilderte Fruhwirt. Während die Abriebemissionen von Straßenfahrzeugen gut untersucht sind, wurden jene von Schienenfahrzeugen bisher kaum betrachtet. Trotz der Feinstaubemissionen, die durch das Bremsen von Schienenfahrzeugen entstehen, produzieren Autos auf den Personenkilometer gerechnet immer noch um ein Vielfaches mehr Feinstaub, erklärt der Experte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Die Emissionen sind beim Personenverkehr mit dem Pkw siebenfach höher als mit dem Zug“, weiß er. „Der Umstieg auf den Bahnverkehr lohnt sich deswegen auf alle Fälle.“
Um den genauen Anteil des beim Bremsen entstehenden Feinstaubs exakter quantifizieren zu können, wurden im Auftrag des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF) umfangreiche Messreihen in Augsburg durchgeführt. Die Forschenden untersuchten, wie sich die Emissionen von den Schienen weg ausbreiten. Fruhwirt hat zusätzlich die Abriebemissionen am neuen Bremsenprüfstand der TU Graz untersucht. Kollegen in Mailand untersuchten den Abrieb des Fahrdrahtes und des Stromabnehmers, um die Feinstaubemissionen von Zügen an Oberleitungen quantifizieren zu können. Und bei der Berliner DB Systemtechnik nahm das Team den Rad-Schiene-Kontakt unter die Lupe.
Bahnverkehr hat Einfluss auf Luftgüte
Die Studie kommt zum Schluss, dass die sogenannten Non-Exhaust-Emissionen (Nicht-Abgas-Emissionen) des Schienenverkehrs einen relevanten Einfluss auf Luftgüte und Bodenverunreinigung haben: Entlang von Bahntrassen erreichten sie Werte von bis zu 25 Mikrogramm Feinstaub der Kategorie PM10 pro Kubikmeter als Tagesmittelwert. Das entspreche bereits der Hälfte des zulässigen Grenzwerts von 50 Mikrogramm je Kubikmeter, wie Fruhwirt darlegte.
Zwar geht die Belastung durch den Abrieb der Züge mit zunehmender Entfernung von den Bahntrassen – ab etwa zehn Metern – rasch zurück, doch die Feinstaubpartikel gelangen auch in den Boden und Gewässer und lagern sich dort ab. Hinzu komme, dass in den Abriebemissionen von Eisenbahnen der Schwermetallanteil wesentlich höher als bei anderen Verkehrsträgern ist, was sich in stärker belasteten Ablagerungen niederschlägt. Die am Projekt beteiligten Chemikerinnen und Chemiker des DZSF haben solche Rückstände in Gewässern nachgewiesen.
Emissionsreiche Bremsbeläge verboten
Durch eine neue Generation von Bremsbelägen aus Kompositmaterialien, die die emissionsreichen Graugussbeläge ablösen, komme es sukzessive zu Verbesserungen der Emissionen. Deutschland habe beispielsweise schon 2021 die Grauguss-Bremsklotzsohlen verboten – auch hinsichtlich der Lärmbelastung, die von ihnen ausgehe. Bei den ÖBB werden unterdessen alle relevanten Normen eingehalten und nur zugelassene Komponenten verwendet, heißt es seitens der Bundesbahnen. „Grauguss-Beläge werden bei den ÖBB nicht mehr verwendet, stattdessen setzten wir auf andere Materialien und Technologien, wie zum Beispiel Scheibenbremsen“, informiert Konzernsprecherin Magdalena Pavitsich.
Zusätzlich würden Triebfahrzeugführerinnen und -führer darauf geschult, möglichst viel elektrisch zu bremsen, wie die Sprecherin weiter ausführt. „Dadurch kann möglichst verschleißfrei und energiesparend gefahren werden.“ Grundsätzlich, betont Pavitsich, sei das Ziel der ÖBB, Feinstaubbelastungen und Emissionen wie Lärm, die eine Belastung für Mensch und Umwelt darstellen können, zu reduzieren. „Das gilt für Baumaßnahmen und auch unsere Züge.“