Eine Südsteirerin entdeckte vor Kurzem eine sogenannte Strahlende Tarantel in ihrem Pool, eine Spinnenart, die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt und inzwischen in der ganzen Grazer Bucht vorkommt, wie Christian Komposch vom Ökoteam, dem Institut für Tierökologie und Naturraumplanung, der Kleinen Zeitung gegenüber erklärte. Das achtbeinige Tier ist allerdings bei Weitem nicht der einzige „Exot“, der aus dem Ausland in die Steiermark gekommen und sich hier angesiedelt hat. Einige der Tiere sind für den Menschen harmlos, andere können allerdings gefährliche Krankheiten übertragen.
Die Tigermücke: Exotische Viren im Gepäck
In den heißen Monaten sind sie überall zu finden, vor allem nahe Gewässern entkommt man ihnen kaum. Stechmücken haben Hochsaison, durch den Klimawandel breiten sich allerdings auch exotische Vertreter aus – eine Entwicklung, die Infektionsspezialisten wie Robert Krause (Med Uni Graz) mit großer Sorge beobachten: „Damit kommen neue Infektionskrankheiten zu uns, die für Menschen und das Gesundheitssystem eine Belastung darstellen.“ Die Steiermark ist eine der Regionen Europas, in denen sich die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) bereits ausgebreitet und angesiedelt hat. Laut dem europäischen Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC) ist Österreich eines der 13 europäischen Länder, in denen die einst exotische Stechmücke mittlerweile beheimatet ist.
Im Gepäck hat sie gefährliche Viren, die Infektionskrankheiten auslösen können. Laut Robert Krause sind es vor allem zwei Erreger, deren Verbreitung in Europa durch die Tigermücke mit Sorge beobachtet wird: das Dengue-Virus und das Chikungunya-Virus. Bislang gab es noch keine Ansteckungen mit diesen Viren innerhalb von Österreich: Die 30 bis 120 Dengue-Fälle, die pro Jahr in Österreich diagnostiziert werden, betreffen bis dato Reiserückkehrer aus Hochrisikogebieten. Allerdings: „In Norditalien gibt es bereits Übertragungen. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Infektionen auch bei uns ankommen“, sagt Krause.
Fadenwürmer in der Haut
Weniger gefährlich, dafür umso grauslicher ist ein Parasit, der durch Stechmücken übertragen wird: Fadenwürmer, die die sogenannte Dirofilariose auslösen. Vor allem treten diese Fadenwürmer bei Hunden auf, der Mensch ist ein seltener „Zufallswirt“: „Die Diroflariose zeigt sich durch Knoten in der Haut, in denen sich ein Wurm befindet. Sehr selten können innere Organe betroffen sein“, erklärt Krause. Eigentlich beschränkte sich diese Erkrankung auf den Mittelmeerraum, allerdings gibt es auch Einzelfälle von österreichischen Patienten, die nicht auf Reisen waren. „Wir müssen daher davon ausgehen, dass diese Erkrankung auch in Österreich zirkuliert“, sagt Krause, schränkt aber ein: Dirofilariose beim Menschen sei sehr selten und verlaufe bei Infektionen der Haut harmlos. Zum Brüten reichen der asiatischen Tigermücke schon kleinste Wasseransammlungen: Blumenuntersetzer, Regentonnen, Reifen, in denen sich Wasser sammelt. „Ein Sonnenschirmständer, der oben offen ist, kann so zur idealen Brutstätte werden.“ Daher der Appell: Wasserstellen rund um das eigene Zuhause zu vermeiden bzw. regelmäßig zu entleeren.
Die Riesenzecke: Die Zecke, die angreift
Sie ist fünf bis sieben Millimeter groß, hat lange, gestreifte Beine und kommt im Frühjahr mit den Zugvögeln nach Europa: Die tropische Riesenzecke (Hyalomma marginatum) wird seit dem Jahr 2018 immer wieder in Österreich gefunden, am häufigsten in der Nähe von Pferden. Anders als die heimischen Zecken warten sie nicht auf Wirtstiere, sondern verfolgen diese aktiv – und sind dabei ziemlich schnell, wie das Video zeigt.
In Europa sind Zecken die größten Verbreiter von Krankheiten, weltweit laufen ihnen nur die Mücken diesen Rang ab. Die milden Winter fördern die Zeckenpopulation, mehr Larven überstehen die Wintermonate. Und schon ab Temperaturen von 5 Grad werden Zecken aktiv und machen sich auf Wirtssuche. Neben dem heimischen Holzbock, der häufigsten Zeckenart in Österreich, macht sich auch die tropische Riesenzecke breit – und hat gefährliche Viren im Gepäck. Sie kann das Krim-Kongo-Virus übertragen, das ein hämorrhagisches Fieber mit schweren Blutungen auslösen kann. „In Österreich haben wir noch keine Riesenzecken gefunden, die das Virus in sich tragen – in Italien und Frankreich allerdings sind bereits solche infizierten Zecken aufgetaucht“, erklärt Experte Georg Duscher von der Abteilung Tiergesundheit in der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages). Die große Sorge: Dass es den Riesenzecken gelingt, durch die milderen Winter in Österreich zu überwintern und in der Folge hier heimisch zu werden – und sich mit ihnen auch die Viruserkrankungen etablieren. Daher wurde in Österreich nun auch ein Monitoringprogramm für Zecken und Gelsen gestartet – die Bevölkerung ist aufgerufen, Funde der tropischen Riesenzecke zu melden: zecken@ages.at.
Die Eichennetzwanze: Harmlos für Menschen, aber nicht für Eichen
Sie fliegen durch die Luft, bleiben beim Radfahren an Kleidung hängen und nisten sich auf der Unterseite der Blätter von Bäumen ein und sorgen dafür, dass sich diese braun verfärben und abfallen. Bei dem winzigen geflügelten Tier handelt es sich um die Eichennetzwanze, die ursprünglich aus Nordamerika stammt, wie Biologe Thomas Frieß vom Ökoteam weiß. „Schon vor 20 Jahren wurde die Wanzenart in die Schweiz eingeschleppt, dort hat sie sich zehn bis 15 Jahre gehalten.“ Binnen kürzester Zeit begann das Tier sich dann allerdings plötzlich massiv auszubreiten, über Norditalien fand die Wanze ihren Weg bis in die Steiermark. „Den ersten Fund gab es in der südlichen Steiermark 2019“, so der Biologe.
In den letzten zwei Jahren explodierte die Population der Tiere, die sich, wie ihr Name verrät, am liebsten auf Eichen niederlassen, in der Steiermark. Milliarden an der Zahl werden durch Wind übers Land befördert, mehrere Hundert Kilometer im Jahr können die Tiere so zurücklegen. Auch auf Obstbäumen lassen sich die Tiere nieder. „Die Wanzen können sich stark reproduzieren, weil es hier bislang noch keine Räuber oder Parasiten gibt, die die Vermehrung eindämmen“, weiß Frieß, es könne noch einige Jahre dauern, bis sich das Ökosystem an das Vorkommen der Tiere angepasst hat.
Sind die heimischen Eichen deshalb gefährdet? Der Experte: „Die Bäume betreiben bei einem starken Befall weniger Photosynthese und wachsen deshalb schlechter. Forstwirtschaftlich führt das natürlich zu Verlusten.“ Die effizienteste Maßnahme sieht Frieß im Erhalt und der Kultivierung von Mischwäldern. „Befinden sich mehrere Baumarten in einem Bestand, kann ein flächendeckender Befall am ehesten abgefangen werden.“ Für den Menschen ist das Tier grundsätzlich harmlos: „Sie können nicht durch die Haut beißen und sind auch keine Material- oder Vorratsschädlinge. Aus biologischer Sicht sind die Tiere unter der Lupe sogar sehr faszinierend anzusehen“, so Frieß. Eingeschleppte Insekten wie die marmorierte Baumwanze aus Asien und die grüne Reiswanze aus dem Mittelmeerraum seien um ein Vielfaches gefährlicher für den heimischen Baumbestand, weiß der Biologe.