Manfred Reisenhofer stockt kurz, ehe er antwortet. Es scheint, als hätte er mit den Tränen zu kämpfen. Sein Blick wandert von links nach rechts – dorthin, wo sich eigentlich die erntereifen Stachelbeeren befinden sollten. Stattdessen sind die Reihen leer, nur am Boden befinden sich einige Überreste der Pflanzenstränge, die zurückgeschnitten wurden. „Dieser Anblick schmerzt. All die Arbeit ist umsonst.“ Starkregen im Juni hat die Plantage kurz vor der Ernte absterben lassen. „Die ist auf gut deutsch abgesoffen“, sagt der Obstbauer aus Puch bei Weiz. Doch das ist nicht sein einziges Problem. Praktisch jede Kultur, die er heuer auf seinen 20 Hektar Wirtschaftsfläche anpflanzte, trug einen Schaden davon - ob Ribisel, Zwetschken oder Äpfel.

Letztere, die den größten Teil seiner Bewirtschaftung einnehmen, wurden nach einem zu warmen Winter durch Frost schwer in Mitleidenschaft gezogen. „Da waren die Früchte bereits ein paar Zentimeter groß“, erklärt Reisenhofer. Die Folge: 95 Prozent seiner Äpfel sind über große Teile braun verfärbt und haben einen sogenannten Frostring. „Dadurch sind sie nicht mehr verkaufbar - auch nicht als B-Ware. Das ist reine Verarbeitungsware, für die wir fast kein Geld mehr bekommen.“ Zudem kam noch ein Hangrutsch, mehrere Reihen seiner Apfelplantage sind nicht mehr bewirtschaftbar. „Dieses Jahr ist für mich die komplette Katastrophe“, seufzt Reisenhofer.

Ortswechsel. In Hofstätten an der Raab standen im Juni Maisfelder von Hannes Hütter bis zu einem halben Meter unter Wasser – mit schwerwiegenden Folgen in manchen Feldern. Das Beikraut Hirse hat den Mais verdrängt, nimmt ihm die Nährstoffe weg und hat das Maisfeld zu großen Teilen in ein Hirsefeld verwandelt. „Wir gehen von einem Erntedefizit von einem Drittel bis zur Hälfte aus - je nach weiterem Verlauf“, sagt der konsternierte Maisbauer. Keine hundert Meter weiter, ist der Boden weicher und sandiger, dort wächst der Mais heuer sehr gut. „Das muss man hinnehmen. Einen Schuldigen zu suchen, bringt nichts. Das sind Naturgewalten. Man muss das abhaken und weitermachen“, sagt Hütter, mit Enttäuschung in der Stimme.

Ärgerlich ist die Situation auch für Karl Obenaus in Graz. Mitte Juli entschied sich der Grünlandbauer und Pferdezüchter, mit über einem Monat Verspätung, dazu, den ersten Grünschnitt durchzuführen. Sieben Wetterapps und ein eilig einberufener Familienrat sollten ihm recht geben: „Es wurde das erste gewitterfreie Sonnenfenster seit Wochen vermeldet.“ Doch zwei Stunden nach der Mahd begann es zu schütten: 40 Liter pro Quadratmeter. „Maximal 10 bis 14 Prozent Feuchtigkeit darf das Heu haben, wenn wir es einbringen und zu Ballen verarbeiten. Darüber hinaus kann Schimmel entstehen, der schlecht für die Gesundheit der Pferde wäre.“ In den vergangenen Jahren musste Obenaus mit Verlusten aufgrund von Trockenheit kämpfen, heuer war das Gegenteil der Fall. „Viele sagen ja: Die Bauern jammern immer. Aber man sieht es ja, dass es immer Probleme gibt. Optimale Jahre sind ganz selten, das ist unter freiem Himmel so.“

Mehr als 45 Millionen Euro betragen laut der österreichischen Hagelversicherung die Unwetterschäden der steirischen Landwirtschaft bisher im Jahr 2024. Im Vergleich: 2023 waren es insgesamt 39 Millionen Euro. Eine unterdurchschnittliche Ernte wird auch im Kürbisanbau erwartet. Der Großteil (37 Millionen Euro) aber entfällt auf Frostschäden, insbesondere bei Äpfeln.

Zurück zu Obstbauer Reisenhofer. „Ich weiß nicht, wie ich im nächsten Jahr meine Produktion finanzieren soll.“ Laut ihm komme neben den hohen Sanierungskosten dazu, dass der „Obstbau in den letzten zehn Jahren ausgehungert wurde.“ Die Preise seien nicht mehr kostendeckend. Das führe zu Rückzug, sagt der Apfelbauer, der auch Obmann der Erzeugerorganisation EOS ist: „In den nächsten zwei bis fünf Jahren wird ein Viertel unserer Bauern aufhören. Das ist dann unwiderruflich.“ Reisenhofer wird deutlich: „Wenn sich nicht gravierend etwas ändert, können wir vielleicht noch den Inlandsmarkt bedienen, mehr nicht. Außer wir verdienen wieder mehr für das Produkt.“