Auch in der Steiermark dringen Schlangen regelmäßig in Haushalte ein: Erst vor zwei Wochen kletterte ein Tier zum Fenster in den ersten Stock einer Grazerin. Kurz zuvor erwischte eine Familie aus Stattegg ein etwa zwei Meter langes Reptil in ihrem Garten. In all diesen Fällen ist die Berg- und Naturwacht in der Regel zur Stelle, wie deren Biologin Eva Bernhart erklärt. 2023 habe man 120 Einsätze verzeichnet, heuer sind es bisher 90, fast ausschließlich in Graz und Umgebung. Während die Zahl der Sichtungen in wohnungsnahen Bereichen für Beobachter gefühlt zu steigen scheint, verneint das die Expertin: „Eine besondere Häufung kann ich nicht feststellen, aber die Fälle werden öfter publik.“ Grund dafür dürfte die Verbreitung über soziale Netzwerke und Medien sein – nicht zuletzt, weil Betroffene oft Fotos der Tiere machen. Heuer waren etwa 20 Tiere direkt in Wohnungen oder Häusern.
Im Grunde seien Bilder für den Einsatz sogar notwendig, meint Bernhart. Die Profis der Berg- und Naturwacht würden diese nutzen, um die Schlangenart vorab einschätzen zu können. Allerdings gilt: „Halten Sie immer Abstand, mindestens die Länge der Schlange, im Optimalfall noch etwas mehr.“ Die gute Nachricht: Die hierzulande verbreitetsten Gattungen sind meist nicht giftig, sondern vielmehr ungefährlich. „Trotzdem kann ich verstehen, dass sie auf viele Menschen beängstigend wirken.“ Wer die Tiere in seiner Wohnung findet, kann die Notrufnummer 130 wählen, die 2013 als „Schlangen-Hotline“ in Zusammenarbeit mit der Landesveterinärdirektion in der Landeswarnzentrale eingerichtet wurde.
Schlangen in der Steiermark bis zu zwei Meter lang
Für die Expertin sind Schling-, Ringel- oder Würfelnatter jedenfalls faszinierende Wesen: „Wer Schlangen in der Natur antrifft, kann sich glücklich schätzen, denn in der Regel nehmen die scheuen Tiere Reißaus, bevor sie von uns Menschen wahrgenommen werden.“ Für Bernhart ist es logisch, dass die Reptilien oftmals Unterschlupf in Häusern, auf Terrassen oder in Gärten suchen. „Bei wechselhaftem Wetter geht es beispielsweise um Plätze zum Aufwärmen.“ In der heißen Jahreszeit benötigen die Tiere jedenfalls kühlere Verstecke, „da kommt es hin und wieder zu Schlangenkontakten im Wohnbereich, ebenso im Herbst, wenn sie Überwinterungsplätze suchen“. Ein weiterer Grund: „Wir dringen immer stärker in die Gebiete der Tiere vor“, so die Expertin, die die Verbauung anspricht. In der Regel verlaufen Sichtungen glücklicherweise ohne Zwischenfälle.
Und das, obwohl manche Tiere besonders mächtig werden können. Die Äskulapnatter gilt als längste Schlangenart in der Steiermark. Sie kann bis zu zwei Meter lang werden, wobei die durchschnittliche Länge der ausgewachsenen Exemplare zwischen 1,10 und 1,60 Metern liegt. Weltweit liegen Berichte über Exemplare mit einer Länge bis zu 2,25 Metern vor.
Was tun, wenn man eine Schlange in der Wohnung hat?
Als besonders betroffen gelten ländliche Gebiete und Häuser in der Nähe von Wäldern oder Feldern. Aber auch in Graz werden die Tiere regelmäßig gesichtet. Wenn eine Schlange in wohnnahen Gebieten gefunden wird, sollte man ruhig bleiben und die Berg- und Naturwacht Steiermark kontaktieren, die bundeslandweit mit eigens ausgebildeten Experten ausrücken kann. In Wohnungen und Häusern sollten Betroffene Fenster und Türen des betroffenen Raumes schließen, damit sich das Tier nicht fortbewegen kann.
Nur so können die steiermarkweit rund 90 Tierretter das Reptil sicher einfangen und identifizieren, um die Schlange dann in ihrem natürlichen Lebensraum wieder freizulassen: „Wir machen das meist in sicherem Abstand zum Fundort, bringen sie aber nicht in komplett andere Regionen“, beschreibt Bernhart die Vorgehensweise. Das sei wichtig, da Schlangen für das heimische Ökosystem eine besondere Bedeutung haben – etwa als natürliche Schädlingsbekämpfer gegen eine Überpopulation von unter anderem Ratten, Mäusen, Schnecken oder Echsen.
Heimische Schlangen in der Regel nicht gefährlich
Im Falle eines seltenen Bisses gilt es Ruhe zu bewahren, die Wunde oberflächlich zu desinfizieren und die betroffene Körperstelle ruhig zu halten. Bisse können schmerzhaft sein, die betroffene Stelle sollte abgedeckt werden. Zur weiteren Behandlung ist ein Arztbesuch ratsam, Mediziner können Mittel gegen die Schwellung und Schmerzen verabreichen. Eine akute Notfallversorgung ist bei heimischen Arten in der Regel nicht nötig, in Einzelfällen sind allergische Reaktionen möglich.
Die größte Gefahr ist die Kreuzotter: „Zu Bissunfällen kommt es dann, wenn der Abstand zu den Tieren nicht eingehalten wird und sie sich bedrängt fühlen, sei es fahrlässig, beispielsweise beim Fotografieren, oder unabsichtlich, wie beim Sammeln von Pilzen oder Beeren“, erklärt Bernhart. Der Biss sei schmerzhaft, der Verlauf danach sehr unterschiedlich und hänge von der injizierten Giftmenge ab, die generell gering ist. „Die Giftmengen stellen für gesunde Erwachsene normalerweise kein ernsthaftes Problem dar, Kinder, ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen haben allerdings ein höheres Risiko für schwerwiegendere Symptome“, so die Expertin.
Immerhin: Die giftigen Schlangen, wie die Kreuzotter und die vom Aussterben bedrohte Hornotter, sind in der Steiermark äußerst selten anzutreffen. Sie erfordern im Fall des Falles durchaus eine rasche Zuziehung eines Arztes. Noch seltener werden hier nicht heimische Arten wie Pythons gesichtet. Tritt dieses Szenario doch ein, hilft der Reptilienverein Steiermark, der über den Notruf organisiert wird. In Einzelfällen entkommen die Tiere aus Terrarien oder werden von ihren Besitzern ausgesetzt. Vor zwei Jahren wurde ein Fall aus Graz bekannt, in der eine Python im WC eines Steirers saß – und ihn gebissen hat. Die Meldung ging daraufhin um die Welt. Für Aufsehen sorgte 2019, ebenfalls in Graz, eine Boa Constrictor, die sich auf einem Balkon zeigte.