Am Montag, 15. Juli, null Uhr, tritt jene Verordnung in Kraft, auf die viele Anrainer und Besucher des Grazer Volksgartens schon gewartet haben. Die Grünanlage im Bezirk Lend wird zur Schutzzone erklärt. Das teilten Innenminister Gerhard Karner, Landeshauptmann Christopher Drexler (beide ÖVP) und Verantwortliche der Polizei bei einem Lokalaugenschein am Freitag mit. Die Maßnahme kommt wenig überraschend, besonders die Stadt-ÖVP hatte massiv darauf gedrängt. Zuletzt hatte es in den Jahren 2019 und 2020 im Volksgarten und im angrenzenden Metahofpark eine solche Schutzzone gegeben.

„Wir haben damals große Erfolge erzielt, die Zahlen sind massiv zurückgegangen“, verwies Ortner auf einen Rückgang von 90 Prozent bei den angezeigten Suchtmitteldelikten. Danach seien die Deliktzahlen im Volksgarten aus Sicht der Polizei stagniert, das habe sich Ende März, Anfang April dieses Jahres aber geändert. Die Zahlen seien innerhalb des ersten Halbjahres im Vergleich zum Vergleichszeitraum 2023 um rund 45 Prozent (von 149 auf 216) gestiegen, so der Landespolizeichef. Darauf habe man mit insgesamt 26 Schwerpunktaktionen und täglichen Streifen reagiert. „In den letzten Wochen haben wir aber festgestellt, dass diese Schwerpunktaktionen und Streifendienste alleine nicht mehr ausreichen.“ Deshalb wurde nach rechtlicher Prüfung der Entschluss zur Einrichtung der Schutzzone gefasst.

1000 Euro Strafe droht

Die Schutzzone ist vorerst auf ein halbes Jahr begrenzt und ermöglicht der Polizei, Betretungsverbote auszusprechen. „Werden Personen angetroffen, aufgrund deren Verhalten oder Vorleben man weiß, dass es möglicherweise zu Straftaten kommen kann, können diese Personen aus dem Bereich weggewiesen werden und dürfen ihn für 30 Tage nicht mehr betreten“, erklärte Ortner die Hauptwirkungsweise. Bei Missachtung können Verwaltungsstrafen bis zu 1000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 4600 Euro verhängt werden.

Innerhalb der roten Linie gilt die Schutzzone
Innerhalb der roten Linie gilt die Schutzzone © LPD Steiermark

„Damit kann die Kontrolldichte durch die Polizei erhöht werden. Auch ist die Handhabe einfacher, Personen wegzuweisen, wenn sie Übles im Schilde führen und daher werden wir das ab Montag so umsetzen“, erklärte Innenminister Karner vor der Presse. Er sprach von einer engen Abstimmung zwischen Bund, Land und Stadt, damit es nun zu dieser „robusten Maßnahme“ kommen könne. Die (nicht notwendige) Zustimmung der Stadtregierung hat man allerdings nicht, nur ÖVP-Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner sprach am Rande des Medientermins von einem dringend notwendigen Schritt zum Schutz der angrenzenden Bildungseinrichtungen (Volksschule, Kindertagesstätte) und der Kinder und Familien, die den Park besuchen wollen. „Zum Alltag der Pädagoginnen gehört es, das eingezäunte Spielplatzareal gründlich nach Spritzen, Pillen und Rasierklingen abzusuchen, bevor es die Kinder betreten dürfen. Ein Zustand, der nicht als neue Normalität hingenommen werden darf“, beschrieb Hohensinner die aktuelle Situation in dem Problemviertel.

Die Polizei kann nun leichter verdächtige Personen aus dem Park wegweisen
Die Polizei kann nun leichter verdächtige Personen aus dem Park wegweisen © Klz / Stefan Pajman

„Es kann kein vernünftiger Mensch gegen die Einrichtung einer Schutzzone sein“, pflichtete LH Drexler ihm bei. „Das ist an sich ein schöner Park, den soll man auch für die Menschen, die hier wohnen, erlebbar machen“, sagte der Landeshauptmann. Er selbst sei gleich um die Ecke aufgewachsen, habe den Kindergarten Kinkgasse besucht und wisse daher, wovon er rede. Das Ziel einer Schutzzone sei klar, erläuterte Polizeidirektor Ortner: Es gehe darum, Minderjährige vor Straftaten zu schützen, aber auch das subjektive Sicherheitsgefühl durch erhöhte Polizeipräsenz zu erhöhen.

Drogenkriminalität

Ein weiterer Aspekt ist die Bekämpfung der Drogenkriminalität. Bei den Schwerpunktaktionen heuer habe die Polizei bereits Drogen im Straßenverkaufswert von rund 60.000 Euro aufstöbern können, teilte die Landespolizeidirektion mit. Wird die Szene jetzt nicht einfach in andere Stadtbereiche ausweichen? „Wir lassen die anderen Parks und Örtlichkeiten nicht außer Acht“, antwortete Ortner. Man werde intensiv beobachten, ob es einen Verdrängungseffekt gibt und gegebenenfalls die Kontrollen andernorts verstärken. „Unter Umständen machen wir auch in einem anderen Bereich eine Schutzzone.“ Aus Erfahrungen aus den letzten Schutzzonen rechnet man damit, dass sich der Drogenhandel vermehrt in geschlossene Räume und Wohnungen verlagern wird. Diese zu beobachten, sei Aufgabe der Kriminalpolizei, sagte Ortner.

Reaktionen gespalten

Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) hatte beim letzten runden Tisch mit Anrainern Ende Mai in Sachen Schutzzone abgewunken. Sie verwies damals auf die Tatsache, dass auch die Polizei die Maßnahme nur in Betracht ziehe, wenn man alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Dass der Volksgarten nun doch wieder Schutzzone wird, ließ sie am Freitag unkommentiert und zog stattdessen eine erste Bilanz über den von der Stadt in die Wege geleiteten Einsatz der Ordnungswache vor Ort.

Eigens geschulte Mitarbeiter sind seit einem Monat von 14 bis 21 Uhr mit Streifen im Park präsent, dabei soll es auch weiterhin bleiben. „Der Einsatz der Ordnungswache hat nach einem Monat schon zu vielen positiven Veränderungen geführt, wie auch Rückmeldungen aus der Nachbarschaft zeigen. Diese Maßnahmen werden im Einvernehmen mit der Polizei weitergeführt, um zu einer dauerhaften Verbesserung der Situation im Volksgarten beizutragen“, stellte Kahr klar.

Anders sieht das die Vorsitzende der SPÖ Graz, Doris Kampus. „Die bisher gesetzten Maßnahmen wie mehr Kontrollen durch die Ordnungswache haben leider nicht die gewünschte Wirkung erzielt“, unterstrich Kampus am Freitag als Reaktion auf die neuerliche Einführung einer Schutzzone im Volksgarten in einer Aussendung. Die Rückkehr zur Schutzzone sei sinnvoll und dringend notwendig, so die SPÖ-Vorsitzende. Kampus weiter: „Die Schutzzone ist im Interesse vieler Anrainer, die sich durch Drogenhandel und Gewalttaten massiv beeinträchtigt sehen, sie dient aber auch allen, die den Park im Sinne eines öffentlichen Freizeit- und Erholunsgbereiches nützen wollen.“

Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) ist gegen, Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) für die Schutzzone
Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) ist gegen, Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) für die Schutzzone © Klz / Stefan Pajman

FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek sprach von einer „Politinszenierung“. Die Freiheitlichen hätten schon seit Ende 2021 auf die Wiedereinführung der wirksamen Schutzzone gepocht. „Die enorm zunehmende Kriminalität im Volksgarten war seit Jahren evident. Bedauerlicherweise schafft es die ÖVP nur unmittelbar vor Wahlen auch wirklich tätig zu werden“, so Kunasek.

Klar gegen eine Schutzzone im Volksgarten spricht sich der „Verein Stadtteilprojekt Annenviertel“ aus. Sprecherin Maria Reiner verteilte am Rande des Pressetermins Informationsblätter an die Journalistinnen und Journalisten. Darin ist von einer „politischen Kampagne“ die Rede, die auf Social Media und in den Medien ein völlig verzerrtes Bild zeichne. Lösungen wie eine Schutzzone würden nur dazu führen, dass es allen schlechter geht. „Die einen haben dann noch mehr Angst vor ,den Ausländern‘, die anderen müssen sich vor aggressiven Repressalien fürchten“, so Reiner.