Es braucht viel an Details, um erfolgreich in eine Strom-Zukunft zu fahren. Denn E-Autos, Ladestationen und auch andere künftige Anwendungen benötigen unter anderem auch Elektronik, die mit diesen hohen Leistungen zurande kommt. Ein Halbleiter-Material, das dabei enorme Vorteile bietet, ist SiC, also Silizium-Karbid. Allerdings: Der Aufwand und daher der Preis für die Herstellung ist enorm, rund tausendmal mehr als bei klassischem Silizium-Halbleitern, wie Lorenz Romaner, Professor an der Montanuniversität Leoben im Bereich Computergestütze Materialwissenschaften erklärt.

Um das zu ändern, wurde ein Christian-Doppler-Labor für Computergestütztes Design von Kristallzuchtprozessen an der Montanuni eingerichtet. Zusammen mit der österreichischen Firma EEMCO, die ehrgeizige weltweite Pläne in dem Bereich hat, will man das Erzeugen von derartigen reinen Kristallen verbessern. Die Physiker und Materialwissenschaftler rund um Romaner bemühen sich, mit Simulationen und Modellrechnungen zu verstehen, was eigentlich beim Kristallwachstum vor sich geht und wie man das optimieren kann.

„Halbleiter aus Silizium-Karbid sind viel besser als klassische Halbleiter. Sie schalten verlustärmer große Leistungen, bewältigen höhere Temperaturen, sparen eine Menge anderer Bauteile ein. Im Tesla etwa werden sie ja auch verwendet.“ Doch die Herstellung ist wesentlich diffiziler in einem Ofen, der mit rund 2200 Grad betrieben wird. Pulvriges Silizium-Karbid sublimiert dabei direkt am Impfkristall, allerdings sind hier bis zu 250 (!) verschiedene Kristallformen gleichzeitig möglich. Das kann man für einen reinen Kristall natürlich nicht gebrauchen, das würde Fehlstellen und Versetzungen erzeugen.

Batterie an mathematischen Methoden

„Wir wissen, dass der Prozess des Kristallisierens von verschiedenen Faktoren abhängt: Von der Geometrie des Ofens selbst, von der Temperatur, vom Druck, vom Impfkristall, von der Dynamik auch mit anderen Dotierungselementen, die man auch benötigt“, fasst Romaner die Situation zusammen. „Das versteht man noch viel zu wenig, daher ist der Ausschuss sehr hoch und das Kristallwachstum sehr langsam.“

Die Leobener Forscher rücken dabei mit einer ganzen Batterie an Methoden aus der Physik und Chemie und den Werkstoffwissenschaften dem Problem zu Leibe. Einerseits werden raffinierte Modellrechnungen verwendet, die alle möglichen Gleichungen berücksichtigen müssen: die elektromagnetischen Maxwell-Gleichungen, die Wärmeleitung, die Wärmestrahlung, die Diffusion und das Sublimieren. Andererseits setzt man auch moderne Methoden des Maschinellen Lernens ein, um gezielt Parameter zu verändern. Ein Hochleistungscomputer mit 4000 Rechenkernen der Montanuniversität steht auch dafür zur Verfügung. Das Besondere ist, dass man auf ganz verschiedenen Skalen, also Größenordnungen rechnen muss: Vom atomaren Bereich, wo die Quantenphysik die Hauptrolle spielt, bis zum Makrobereich, was die Geometrie des Ofens betrifft.

Zeichnung des Ofens: Unten das Pulver, das oben am Impfkristall sublimiert und zum Puck (Wafer) wächst
Zeichnung des Ofens: Unten das Pulver, das oben am Impfkristall sublimiert und zum Puck (Wafer) wächst © Montanuni Leoben

USA und China weit voraus

Romaner, ein gebürtiger Südtiroler, der an der Technischen Universität Graz studiert hat, findet es entscheidend, dass Europa in diesem Sektor intensiv forscht. Denn derzeit sind uns hier die USA und China deutlich voraus. Letztlich müsse man auch in der Chipproduktion schauen, dass man nicht völlig von anderen abhängig wird. Die Firma EEMCO mit Sitz in Oberösterreich ist Teil der Ebner-Gruppe und will sich als europaweit erster unabhängiger Produzent von solchen Silizium-Karbid-Pucks (Wafern) etablieren, der also verschiedene Chiphersteller beliefert. Auch europaweit hat man die Dringlichkeit dieser Fragen erkannt und es gibt bedeutende Forschungsprojekte. Wichtig sei zudem auch, den Studierenden diese mathematisch-physikalischen und -chemischen Methoden beizubringen, die dann auch in anderen Feldern von Bedeutung sind.

Professor Lorenz Romaner, Leiter des CD-Labors im Departement für Werkstoffwissenschaft an der Montanuni Leoben

CD-Labore stehen an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Sie sind zwar immer an Universitäten angesiedelt, haben aber Verbindung mit Industriepartnern.