In der Siedlung im Ortsteil Vorlobming (St. Stefan ob Leoben) ist es am Tag nach der Tragödie still. Kein Mensch ist auf der Straße zu sehen. Vor dem Einfamilienhaus, in dem am Tag zuvor ein 52-jähriger Steirer seine 45 Jahre alte Ehefrau und sich danach selbst erschossen hat, hat jemand Rosen abgelegt und eine Kerze angezündet. Einem Mann aus der Nachbarschaft des unbewohnten Hauses ist die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben: Ja, er habe den 52-Jährigen gut gekannt, seine Kinder seien mit ihm aufgewachsen, erzählt er der Kleinen Zeitung. „Es geht mir unglaublich nahe, weil man sich ja schon viele Jahre kennt“, sagt er. Unauffällig sei er gewesen, der mutmaßliche Täter. Auch der Nachbar rätselt über das Motiv. „Es wäre interessant, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“
So weit die ersten Ermittlungen ergeben haben, hatte der 52-Jährige seine Ehefrau mit mehreren Schüssen getötet und dann die Waffe gegen sich selbst gerichtet. Das Haus, in dem sich die Tragödie abspielte, ist das Elternhaus des Mannes, er selbst ist in St. Stefan ob Leoben aufgewachsen und beruflich bedingt weggezogen. Das Ehepaar lebte in der Nähe von Graz und war seit 14 Jahren verheiratet. Was sie am Montag in dem derzeit leerstehenden Haus in Vorlobming zu tun hatten, ist ebenso unklar wie das Motiv für die Bluttat. Fakt ist: Die Eheleute sind nicht gemeinsam hingefahren, sondern mit zwei Autos. Derzeit kursieren viele Gerüchte, die den höchstpersönlichen Lebensbereich des Paares betreffen – die Polizei weist diese als falsch bzw. als unbestätigt zurück.
Flucht in Todesangst
Gesichert ist jedoch, dass die Frau kurz vor den Schüssen in Todesangst vor ihrem Mann geflohen war. Ein direkter Nachbar hatte wahrgenommen, wie sie auf ihrer Flucht über einen Zaun sprang und über das Grundstück rannte. Der Ehemann holte sie aber ein und stellte sie – mehrere Schüsse trafen die 45-Jährige aus nächster Nähe in den Oberkörper. Sie dürfte sofort tot gewesen sein. Der Nachbar musste dann auch noch mitansehen, wie sich der 52-Jährige mit der Tatwaffe das Leben nahm.
Der Täter war zu diesem Zeitpunkt mit zwei Pistolen bewaffnet gewesen, sie wurden unmittelbar neben seiner Leiche aufgefunden. Die Faustfeuerwaffen waren legal im Besitz des Paares, eine war auf den Mann selbst, eine auf seine Frau registriert. Geschossen hat er jedoch nur mit einer der Pistolen.
Paar hinterlässt Sohn
Besonders tragisch: Das Paar hinterlässt einen 14-jährigen Sohn, er wird jetzt von einem Kriseninterventionsteam betreut. Ein Foto auf sozialen Medien zeigt eine scheinbar glückliche Familie bei der Firmung des Buben im April. Bisher hatte es auch keine Meldungen über Gewalt in der Familie gegeben. Der Mann arbeitete in einem Vertrieb für Kfz-Teile, seine Frau als Angestellte. Finanziell gab es offenbar keine Probleme, polizeilich war noch keiner der beiden aufgefallen. Die Ermittlungen konzentrieren sich jetzt auf das Umfeld der Familie im Bezirk Graz-Umgebung. Auch die Tatortarbeit in St. Stefan wird fortgesetzt.
Der St. Stefaner Bürgermeister Ronald Schlager zeigt sich gegenüber der Kleinen Zeitung betroffen: „Ich bin zutiefst erschüttert, weil bei so einem tragischen Fall immer Hinterbliebene zurückbleiben. Man macht sich schon viele Gedanken, wie man so etwas bewältigen kann.“