Jenes Phantom, das mehrere Anschläge und Anschlagsversuche auf die Zeugen Jehovas in der Steiermark ausgeführt hat, ist gefasst. Die steirische Polizei bestätigte die Festnahme eines Verdächtigen. Bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend teilten die Ermittlungsleiter mit, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen 55-jährigen IT-Techniker aus dem Bezirk Graz-Umgebung handelt. Die Anschläge haben demnach nicht den Zeugen Jehovas gegolten, sondern dienten nur als Ablenkung von seinem perfiden Motiv. Der Mann habe gestanden, dass er seine Ex-Frau mittels einer selbstgebauten Rohrbombe töten wollte. Bereits Anfang Mai habe er den Sprengsatz mit einem Magnet auf der Unterseite des Fahrzeuges seiner früheren Gattin angebracht. Doch der Anschlag ging offenbar schief.
Als Folge der Festnahme kam es am Mittwochnachmittag zu einem großen Polizeieinsatz in Graz. In der Elisabethstraße und der Leonhardstraße in Graz wurden Straßensperren eingerichtet, um kurz vor 15 Uhr konnte die Sperre wieder aufgehoben werden. Wie nun bekannt wurde, haben Sprengstoff-Experten das auf einem Supermarkt-Parkplatz abgestellte Auto der Ex-Frau des Verdächtigen untersucht. Eine Rohrbombe wurde dabei nicht gefunden. „Wir gehen aber aus, dass die Bombe am Fahrzeug befestigt war. Wo sie sich jetzt befindet, können wir nicht sagen“, teilte LKA-Leiter Rene Kornberger im Rahmen der Pressekonferenz mit. Man könne aber einigermaßen eingrenzen, wo der gefährliche Sprengsatz offenbar „verloren“ ging.
Unterhaltsstreit als Motiv
Der 55-jährige Steirer war von 1991 bis 2011 selbst Mitglied der Zeugen Jehovas, zu denen er über seine damalige Frau gekommen war. Als er sich scheiden ließ, wurde der Mann aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen. Es kam zu einem jahrelangen Streit um den Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder. „Aufgrund dieses Streits wollte er seine Ex-Frau töten. Er ist vollinhaltlich geständig“, sagte der Leiter der eigens eingerichteten Ermittlungsgruppe „Michael“, LSE-Chef Rupert Meixner. „Es war ein persönliches Motiv, die Bomben waren als reine Ablenkungsmanöver gedacht.“ Offenbar hatte die Ex-Gattin den Ermittlern auch den entscheidenden Hinweis geliefert. „Es war einer von rund 60 personenbezogenen Hinweisen, die wir erhalten haben“, bestätigt Meixner. Der Verdächtige sei bisher nicht polizeilich aufgefallen. Allerdings habe es Fälle von häuslicher Gewalt gegeben, die erst jetzt im Zuge der Ermittlungen bekannt geworden sind.
Am Mittwoch wurde der 55-Jährige an seinem Arbeitsplatz festgenommen. Der Mann sei sofort geständig gewesen und habe den Ermittlern den Hinweis auf den Sprengsatz am Auto seiner Ex-Frau geliefert. Nachdem das Fahrzeug in der Grazer Elisabethstraße lokalisiert worden war, kam es zur großräumigen Absperrung des Areals und zur Suche nach Sprengstoff.
Die beiden gemeinsamen Kinder habe der 55-Jährige eigenen Angaben zufolge nie gefährden wollen. „Der Anschlag war ausschließlich gegen seine Ex-Gattin gerichtet. Zu den Kindern hatte der Mann seit 13 Jahren keinen Kontakt mehr, er sah sie nur bei Gerichtsverhandlungen“, so Meixner.
Menschenleben in Gefahr
Bei den vorgefundenen Sprengsätzen handelte es sich um „unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen“, erklärte Rene Kornberger weiter. Jene vor dem Königreichssaal in Kalsdorf hatte eine extreme Sprengkraft, wurde aber nicht zur Umsetzung gebracht. „Uns ist es gelungen, durch akribische Arbeit die Bombe zu delaborieren und daraus weitere Erkenntnisse zu gewinnen“. Die Bomben seien so gebaut gewesen, dass eine konkrete Gefahr für Menschenleben bestand.
Landespolizeidirektor Gerald Ortner zeigte sich erleichtert und dankbar: „Danke an alle beteiligten Einheiten. Das ist ein großer Ermittlungserfolg, ich darf zur Festnahme herzlich gratulieren.“ Auch Innenminister Gerhard Karner pflichtete bei: „Durch professionelle Ermittlungen konnte ein gefährlicher Straftäter festgenommen, weitere mögliche Anschläge verhindert und Menschenleben geschützt werden.“ LH Christopher Drexler schloss sich dem an: „Nicht zuletzt aufgrund der Ermittlungen und des Eingreifens der steirischen Polizei konnte Schlimmeres verhindert werden.“