Nach den großteils sonnigen Pfingstfeiertagen wurde es am Dienstag ungemütlich. Seit den Morgenstunden regnet und gewittert es in der Steiermark teils heftig – vor allem im Süden und Südwesten. Die Geosphere Austria (vormals Zamg) sprach schon in der Früh eine Wetterwarnung für die Steiermark aus. „In den Vormittagsstunden sollte die kräftige Gewitterlinie aber größtenteils über die Steiermark hinweggezogen sein und es kann sogar vereinzelt auflockern“, berichtet Martin Kulmer von der Geosphere.

Meteorologe bestätigt kleinen Tornado

Dem war auch so. Die großen Regenmengen kamen am Abend, oft binnen weniger Minuten – und hier vor allem im Großraum Graz, sowohl in der Landeshauptstadt selbst, als auch im Norden. Im Internet kursierte prompt das Video eines vermeintlichen Tornados, das User teils ratlos zurückließ.

Dennoch war es kein Online-Fake: „Es war tatsächlich ein Tornado“, sagt Alexander Podesser, Leiter der Geopshere Steiermark. „Allerdings ein kleiner“.

Er dürfte sich über dem Plabutsch, im Bereich Hubertushöhe bzw. Algersdorf gebildet haben. Tatsächlich traf er auch die Bezirke im Westen, etwa Eggenberg. Die Windgeschwindigkeiten sind zur Stunde noch unklar. Nach wenigen Minuten hat sich die Lage wieder beruhigt.

Schäden durch den Tornado sind kaum bekannt, hieß es am Abend. Die brenzlige Situation dürfte ersten Recherchen zufolge glimpflich ausgegangen sein. Lediglich 30 Einsätze verzeichnete die Berufsfeuerwehr Graz kurz nach 17 Uhr, großteils im Bereich Eggenberg, wo der Tornado gesichtet wurde. Gefahr bestand zu keiner Zeit, verletzt wurde offenbar niemand. Allerdings erforderten umgestürzte Bäume oder herabgestürzte Dachziegel die Unterstützung der Helfer.

Wie kam es zum Tornado über Graz?

Der Hintergrund ist für den Meteorologen jedenfalls klar: „Wir haben derzeit extrem labile Luftmassen, obwohl es keine hohen Temperaturen gibt“, so Podesser, der das Wetterphänomen selbst beobachtet hat. Kleinere Objekte seien demnach nach oben gezogen worden, „es war ein ordentlicher Aufwind“. Ursache dafür ist die hohe Luftfeuchtigkeit: „In dieser Situation ist das Potenzial dafür sehr hoch.“

Es dürfte jedenfalls das erste derartige Ereignis in Graz gewesen sein: „Ich kann mich nicht erinnern, das hier je gesehen zu haben“, sagt Podesser. Auch ORF-Metorologe Manuel Oberhuber sprach am Abend von einem „möglichen Tornado in Graz-Eggenberg“.

Einsätze im ganzen Bundesland

Die großen Regenmengen kamen jedenfalls oft schwallartig binnen weniger Minuten und überforderten die Böden stellenweise. Zwischen Kindberg und Mürzzuschlag mussten die Feuerwehren bis zum Abend regelmäßig ausrücken, um Keller auszupumpen. Auch technische Hilfestellungen waren durch abgebrochene Äste gefordert. Die Einsatzkräfte waren wegen Überschwemmungen auch im Raum Leoben und Voitsberg im Einsatz, am Abend auch vereinzelt in Graz für umgestürzte Bäume und Sicherungsarbeiten. Später kam es in der Südoststeiermark zu ähnlichen Notrufen.

Bis 17 Uhr kamen die größten Regenmengen des Tages laut Ubimet in Fischbach (69,5 Millimeter pro Quadratmeter), Mürzzuschlag (61 Millimeter) und St. Radegund (39,9 Millimeter) zusammen. Österreichweit waren es kaum wo mehr.

Das aktuelle Radarbild

Tatsächlich jagte eine Gewitterfront am Dienstag die nächste. Im ganzen Land donnerte es regelmäßig, Ubimet meldete schon zu Mittag die hohe Zahl von 3500 Blitzentladungen in der Grünen Mark. Gegen 20 Uhr waren es 9200.

„Plausibelstes Worst-Case-Szenario“ sah keinen Tornado voraus

Dabei klang alles zunächst noch halbwegs harmlos. Sowohl am späten Vormittag und um 15 Uhr tagte „Amas“ („Austrian Multi-Hazard impact-based Advice Services“), das ist ein Zusammenschluss von Expertinnen und -experten, um den Katastrophenschutz zu unterstützen. Bei beiden Terminen wurde folgendes „plausibelstes Worst-Case-Szenario“ skizziert: „Nachdem schon am Vormittag in Teilen der Steiermark bis zu 40 mm (Raum Birkfeld) gefallen sind, werden von den Vorhersagemodellen für die Nachmittags- und Abendstunden neuerliche kräftige Schauer und Gewitter in Aussicht gestellt. Die Niederschlagsmengen werden räumlich stark schwanken. In einzelnen ,Schauerstraßen‘ sind Regenmengen im Bereich von 60 mm innerhalb weniger Stunden wahrscheinlich.“ Der Tornado überraschte also auch die Experten.

Sie sagen für die restliche Nacht vor allem im Osten der Steiermark Böen bis zu 70 Kilometer pro Stunde vorher. Weitere Schauer in der zweiten Nachthälfte werden wahrscheinlich weniger stark ausfallen, hieß es. „Aber aufgrund der Vorgeschichte rascher zum oberflächlichen Abfluss beitragen.“ Heißt: Überschwemmungen sind bis Mittwoch-Vormittag durchaus möglich.

Die Regenfälle am Dienstag in Österreich, Stand 18.40 Uhr
Die Regenfälle am Dienstag in Österreich, Stand 18.40 Uhr © Ubimet

Nach ein paar ruhigeren Stunden erwarten die Wetterexperten gegen Abend wieder kräftigen Regen und Gewitter. „Über der Adria brodelt es gerade gewaltig“, erklärt Kulmer vom Wetterdienst Geosphere.

Wie es mit dem Wetter weitergeht

In der Steiermark bleibt es in den nächsten Tagen jedenfalls unbeständig und regnerisch. Die Geosphere Steiermark sieht am Mittwochvormittag zunächst eine kurze Regenpause, am Nachmittag dürften die Schauer im gesamten Bundesland aber weitergehen. Besonders heftig wird aus aktueller Sicht im Murtal, in Graz, der Südost- und Südsteiermark, wo wieder Gewitter möglich sind. Und die scheinen gekommen, um zu bleiben. Auch am Donnerstag sind Blitz und Donner Dauergast in der Steiermark, so die Prognose der Meteorologen.

Erst am Freitag dürfte es laut Geosphere im Großteil des Landes wieder sonnig und trocken sein. Nur in der Obersteiermark sind weiterhin einzelne Schauer möglich, während es im Süden des Landes freundlicher wird. Auch das kommende Wochenende bleibt unbeständig – mit einem Mix aus Wolken und Regen im Norden, aber immerhin auch steiermarkweit einigen Sonnenstunden.