Steirische Ermittler haben möglicherweise einen Terroranschlag in Graz verhindert. In der Nacht auf Samstag wurde in der steirischen Landeshauptstadt ein erst 14-jähriges Mädchen festgenommen, das sich im Internet radikalisiert hatte und in Chats über konkrete Anschlagspläne schrieb. Offenbar wollte die aus Montenegro stammende Jugendliche mitten in der Stadt mit einem Messer „Ungläubige“ töten. Der Jakominiplatz war ein potenzielles Ziel, aber auch Kirchen und ein Polizeiposten.
Ermittler des Landesamts für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) erhielten Anfang Mai einen Hinweis von Kollegen aus Deutschland. Diese waren einer radikal-islamistischen Zelle auf der Spur gewesen und dabei auf die Chats gestoßen. Eine Spur führte nach Graz. Am 10. Mai durchsuchten Beamte das Zimmer des Mädchens in ihrer elterlichen Wohnung. Dabei fanden sie nicht nur zwei Messer und ein Beil, sondern auch spezielle Kleidung, die sie für ihr Vorhaben schon bereitgelegt hatte.
Bei der Auswertung des Handys und anderer Datenträger der 14-Jährigen stießen die Ermittler auf weitere alarmierende Hinweise, die schließlich zum sofortigen Haftbefehl durch die Staatsanwaltschaft führten – wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr. „Die Bedrohungslage war sehr konkret und sehr ernst zu nehmen“, sagt Polizeisprecher Fritz Grundnig. Denn auf dem Telefon wurden Nachrichten und Videos sichergestellt, die unter anderem brutale Hinrichtungen durch IS-Terroristen zeigen. Auf einem der Videos schwört die 14-Jährige in arabischer Sprache dem Islamischen Staat ihre Treue. Auch spricht sie davon, „Kuffar“, also Nichtmoslems, töten zu wollen. Dabei postete sie Bilder von den Waffen, die in ihrem Zimmer sichergestellt wurden und von möglichen Anschlagszielen: Darunter war auch der Jakominiplatz in Graz.
Erst vor zwei Wochen 14 Jahre alt geworden
„Das war alles nicht ernst gemeint“, behauptete die 14-Jährige zunächst gegenüber den Ermittlern. Seitdem zeigt sie sich aber wenig kooperativ und schweigt zu den Vorwürfen. Die Jugendliche sitzt der Justizanstalt Jakomini in Untersuchungshaft, erst vor zwei Wochen war sie 14 Jahre alt und damit strafmündig geworden. Das Mädchen stammt aus einem streng religiösen Elternhaus, die Familie war schon vor Jahren nach Graz gezogen. Radikalisiert hat sie sich aber offenbar über das Internet. Ihre Eltern dürften das in der vollen Tragweite nicht mitbekommen haben. Ob die 14-Jährige ihre Pläne tatsächlich umsetzen wollte und ob sie weitere Verbündete hatte, ist noch Gegenstand von Ermittlungen.
Die Festnahme der Verdächtigen erfolgte just an dem Tag, an dem der neue Verfassungsschutzbericht erschien. Auch darin ist von einem klaren Trend zur Radikalisierung über digitalen Raum die Rede. „Und jene, die es trifft, werden immer jünger“, berichtet ein Beamter. Für das online leicht zugängliche Propagandamaterial des IS seien Jugendliche besonders anfällig, trotz der gezeigten Brutalität. Direkten Kontakt zur Terrororganisation gebe es aber kaum. „Im Jahr 2023 schlossen sich junge Radikalisierte online und offline tendenziell zu losen Gruppen zusammen“, heißt es.