Mitten im Herzen von Graz wollte sie zuschlagen und „Ungläubige“ treffen: Eine 14-Jährige plante offenbar einen terroristischen Anschlag am Grazer Jakominiplatz. Steirische Ermittler konnten diesen noch verhindern. Bei der Hausdurchsuchung stellten die Ermittler ein Beil und ein Messer sicher. Die 14-Jährige, die montenegrinische Staatsbürgerin ist, sitzt nun in Untersuchungshaft. Sie war erst vor wenigen Tagen 14 Jahre alt und damit strafmündig geworden.
Der entscheidende Hinweis kam von einer europäischen Sicherheitsbehörde: So kamen heimische Ermittler vom Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Steiermark auf die Spur der zunächst Unbekannten. Dabei stellten die Beamten einen Chatverlauf sicher, in dem ein junges Mädchen aus Graz offensichtlich über einen geplanten terroristischen Anschlag am Jakominiplatz in Graz berichtete. Die Jugendliche hatte bereits Waffen – ein Beil und ein Messer – sowie komplett schwarze Kleidung für die Tat bereitgelegt. Bilder davon schickte die 14-Jährige via Messenger-Dienst Telegram an scheinbar „Gleichgesinnte“ im Ausland. Das Attentat sollte „Ungläubigen“ gelten.
Hinrichtungsvideos gefunden
Anhand von Chatverläufen und Social Media-Aktivitäten konnten die steirischen Staatsschützer die erst 14-Jährige, die in Graz wohnt, ausforschen. Ermittler führten eine durch die Staatsanwaltschaft Graz angeordnete Hausdurchsuchung bei der Jugendlichen aus Montenegro durch. Dabei stellten Beamte sowohl die mutmaßlichen Tatwaffen, die besagte Kleidung, als auch mehrere Datenträger sicher. Im Rahmen einer ersten Sichtung stießen Ermittler bereits auf diverses IS-Propagandamaterial sowie zahlreiche Kampf- und Hinrichtungsvideos. Bisherige Ermittlungen brachten auch Hinweise auf Aktivitäten in einschlägigen Chatforen. Die Datenträger werden nun forensisch ausgewertet.
Bei Einvernahme nicht geständig
Bei ihrer Einvernahme, bei der auch ein Erziehungsberechtigter und ein Verteidiger dabei waren, zeigte sich die 14-Jährige weder kooperativ noch geständig. Sie verweigerte bislang alle Angaben. Weitere Ermittlungen sind im Gange. Die Staatsanwaltschaft Graz ordnete nach richterlicher Genehmigung die Festnahme und Einlieferung der 14-Jährigen in die Justizanstalt Jakomini an. Über die 14-Jährige wurde die Untersuchungshaft verhängt, es bestehe Tatausführungs- und Verdunkelungsgefahr.
„Die Bedrohungslage war sehr konkret und jedenfalls sehr ernst zu nehmen, sonst hätte das Gericht auch keine Untersuchungshaft verhängt“, erklärt ein Polizeisprecher gegenüber der Kleinen Zeitung. Ob die 14-Jährige abseits von ihren Online-Aktivitäten noch andere „Verbündete“ in Graz habe, sei derzeit Gegenstand von Ermittlungen. Der entscheidende Hinweis kam von einer europäischen Sicherheitsbehörde: „Diese wurde bei eigenen Ermittlungen auf diese junge Frau und ihre Verbindungen zu Graz aufmerksam und gab den Hinweis weiter“, erklärt der Polizeisprecher. Wann genau das Attentat hätte stattfinden sollen, ist nicht bekannt – die Polizei geht allerdings davon aus, dass es unmittelbar bevor stand.
Genereller Trend zu „digitaler“ Radikalisierung
Die Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen einen klaren Trend zur Radikalisierung im und über den digitalen Raum, heißt es bei der Landespolizeidirektion Steiermark. Vor allem Jugendliche seien für diese Art der extremistischen Propaganda besonders anfällig. Radikalisierte Personen seien oft gewaltaffin und tendieren ideologisch insbesondere zum IS, verfügen aber zumeist über keinen direkten Kontakt zu Terrororganisationen.
Der hohe Stellenwert des IS in der jungen Generation beruhe vor allem auf der vorhandenen Menge und Qualität der online verfügbaren Propagandainhalte, die eine starke Anziehungskraft auf Jugendliche und junge Erwachsene ausüben. Die Inhalte seien laut den Experten leicht zugänglich und könnten eigenständig konsumiert werden. Im Jahr 2023 schlossen sich demnach junge Radikalisierte online und offline tendenziell zu losen Gruppen zusammen, wie auch der aktuelle Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums zeigt.
Erste Reaktionen
Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) meldete sich am Nachmittag zu Wort: „Islamismus, Radikalität und Hass auf andere dürfen in unserer Gesellschaft keinen Millimeter Platz haben.“ Er dankte der Polizei und forderte harte Strafen, die „dieser unfassbaren Radikalität gerecht werden“. Außerdem fordert Drexler die Möglichkeit für heimische Behörden, Internetkommunikation überwachen zu dürfen – „die Justizministerin muss hier endlich tätig werden“, sagt der Landeshauptmann.
Der Verfassungsschutz in Österreich gehe konsequent gegen jede Form des Extremismus vor, sagte am Samstag Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer Reaktion: „Mein Dank gilt vor allem den Ermittlern des Landesamtes Staatsschutz und Extremismusbekämpfung in der Steiermark. Durch ihren Einsatz konnte ein extremistischer Angriff verhindert werden.“
Der Vorfall offenbare das Versagen der politischen Entscheidungsträger auf Landes- und Bundesebene in den letzten Jahren, meinte FP-Landeschef Mario Kunasek in einer Aussendung. Es brauche ein entschlossenes Auftreten gegen Anhänger des Radikalislam und die rasche Einführung eines Gesetztes zum Verbot des politischen Islams in Österreich. Der politische Islam, der als demokratieablehnend anzusehen ist, sei in Österreich bereits verboten, reagierte ein Sprecher Karners auf die Aussagen Kunaseks – das gehe auf eine Initiative des damaligen Innenministers Karl Nehammer (ÖVP) im Jahr 2020 zurück.