Es kann einem fast schwindlig werden bei diesen Zahlen: 125.000 Tonnen Stickoxide und fünf Millionen Tonnen Kohlendioxid werden jährlich aus dem Verkehr gezogen bzw. eingespart. Und das mit Produkten einer weststeirischen Firma, deren landläufiger Name dies kaum vermuten lässt: Die „Porzellanfabrik Frauental“ hat heute eine völlig andere Produktpalette, einen völlig anderen Auftritt und einen völlig anderen Erfolg. Unter dem Namen „Ceram Austria“ erzeugt man heute - weltweit führend - keramische Wärmetauscher sowie keramische Katalysatoren.
Geschäftsführer und Eigentümer Christian Kögl sowieso Roland Nilica, Leiter der Forschung und Entwicklung, sind sich einig: Die Zukunft des Betriebes liegt im Umweltbereich: „Ohne unsere Produkte wird es nicht gelingen, die Umweltbilanz zu verbessern“, ist Kögl fest überzeugt. Die Energiewende braucht Keramik, und hier sieht Kögl die Produkte aus Frauental ganz an der Front.
„Der Scherbe“ ist das zentrale Produkt
Doch wie kann das sein, fragt sich der Laie? Was kann Keramik - im Fachausdruck übrigens in bestimmten Zusammenhängen kurioserweise auch „der Scherben“ genannt - hier beitragen? Wie können die rund 450 Mitarbeiter hier weltweit führend sein?
Zwei Ansätze sind es, wo Keramik aus der Weststeiermark eine führende Rolle spielt. Zum einen bei Wärmetauschern. Da geht es darum, dass Keramik ein guter Wärmespeicher ist und zugleich hohe Temperaturen aushält. Dies kann man dazu nützen, um heiße Abgase durch Keramikblöcke mit millimeterfeinen Kanälen zu leiten, die dann - in der Gegenströmung - kalte Luft wieder aufwärmen. Das erspart enorme Energiemengen und vermeidet daher auch enorme Mengen an CO2. Die Frauentaler sind überzeugt davon, dass dieser Markt boomen wird: von großen industriellen bis hin zu häuslichen Anlagen. Der Keramik-Vorteil: Insbesondere mit organischen Stoffen in der Abwärme - etwa aus Lackierereien - kann das Material bestens umgehen. Das Know-how liegt in der Geometrie und auch der Rezeptur der Blöcke. Und hier ist man bei Ceram Austria faktisch autonom und hat alles in der Hand: Selbst die Werkzeuge für die Extruder konstruiert und fertigt man selbst. Denn die Kanäle, durch die die Luft strömt, sind sehr klein und müssen mit großer Präzision gefertigt werden. Dazu kommt, dass Keramik beim Trocknen und beim Brennen schrumpft - das muss berücksichtigt werden.
Der andere Produktbereich ist ebenfalls herausfordernd. Hier wird Keramik eingesetzt, um beispielsweise Stickoxide, die etwa in Kraftwerken oder in Industriebetrieben, bei Schiffsmotoren oder Gasturbinen entstehen, zu reduzieren. Laienhaft gesagt, sie unschädlich zu machen. „Die Keramik selbst ist dabei der Katalysator“, sagt Nilica. Es ist also nicht nur Trägermaterial von katalytisch wirkenden Stoffen, sondern selbst hundertprozentig katalytisch aktiv. „Es ist ein Scherben mit Funktion“, schmunzelt der Forschungschef. Das Geheimnis liegt in der Rezeptur, dazu gibt es ein eigenes Labor. Heute wird natürlich auch die Produktion selbst optimiert, Bruch wird recycelt.
22 Millionen Euro investiert
Seit Kögl vor zwei Jahren das Werk den japanischen Vorbesitzern abgekauft hat, wurde sehr viel investiert: 22 Millionen Euro haben nicht nur die zum Teil sehr alten Werksgebäude aufgewertet (die Porzellanfabrik wurde 1921 gegründet), sondern es wurden neue Anlagen angeschafft und Werkshallen erneuert. „Kürzlich gab es einen Tag der offenen Tür. Bei den rund 1300 Besuchern, die früher hier gearbeitet hatten. Sie konnten kaum mehr ihre ehemaligen Arbeitsstätten erkennen“.