Sie ist die erste afroamerikanische Komponistin, die in den USA von einem Major Orchester aufgeführt wurde, hat gleich viele Symphonien geschrieben wie Brahms und Schuhmann, und doch ist ihr Name den meisten Menschen kein Begriff. Das möchte die Kunstuniversität Graz ändern und rückt Florence B. Price mit einem zweitägigen Symposium in den Fokus. Das Symposium soll dabei aber nicht nur einen Platz für Vorträge und Diskussionen rund um sie und ihre Musik bieten, sondern sie auch ins Zentrum der Forschung an der Kunstuniversität Graz rücken. „Wir möchten neue Impulse setzen und die Gender- und Diversitätsdebatte mehr in den Vordergrund rücken. Es gibt noch viel mehr schwarze Komponistinnen und Komponisten, die mehr aufgeführt werden sollten“, sagt El Mouissi.
Zahlreiche musikalische Einflüsse
Besonders spannend an der Musik von Price sind dabei die Zusammenhänge zwischen ihrem Leben und Schaffen. Denn Price lebte als afroamerikanische Frau in einer Zeit in den USA in der die Gleichberechtigung sowohl von Frauen als auch von Schwarzen in weiter Ferne lag. Zwar wuchs die Komponistin in wohlsituiertem Haus auf, in dem auch ihr musikalisches Bestreben gefördert wurden, hatte später durch ihre Herkunft allerdings sogar mit Morddrohungen zu kämpfen. „Sie hat einige Lieder, die dieses Leid auch zum Ausdruck bringen, andererseits gibt es auch zahlreiche Lieder, die eine Leichtigkeit und auch Humor haben, lebensfroh, lustig, heiter sind“, sagt El Mouissi, der das Symposium gemeinsam mit Christa Brüstle organisiert. Um ihre Einflüsse, und musikalischen Besonderheiten bestmöglich diskutieren zu könne, wird auch die führende Price Expertin Samantha Ege am Symposium teilnehmen. Ebenso teilnehmen wird der Tenor Ted Black.
Denn Price vereint gleich mehrere Einflüsse in ihrer Musik. Einer davon sind African American Spirituals. „Sie steht hier in gewisser Weise in der Tradition von Brahms, indem sie ein gewisses Kulturgut, das einmalig ist, in die klassische Musik einbringt“, sagt der Organisator. Neben den African American Spiritual hat Price aber auch Popeinflüsse mit in die Klassik gebracht. Denn unter einem Synonym veröffentlichte sie Popmusik, um von der Musik leben zu können.
Dass ihre Musik so lange in den Regalen der Bibliotheken schlummerte, hat laut El Mouissi allerdings zweierlei Gründe. Einerseits bleibt man in der klassischen Musik gerne Werken und Komponisten treu, die sich bereits bewährt haben. Zudem standen ihre Werke bis vor kurzem unter dem Urheberrecht. „Dieses ist jetzt, wo sie seit 70 Jahren tot ist, nicht mehr gegeben“, sagt El Mouissi.
Viele Werke noch im Verborgenen
Neben dem Symposium möchte der Organisator die Musik von Price auch wortwörtlich unter die Leute bringen. Daher hat er bereits zahlreiche ihrer Lieder aufgenommen. Weitere sollen folgen. „Ich glaube wir leisten einen großen Beitrag durch die Aufnahme der Lieder, um sie auf der ganzen Welt zugänglich zu machen“, sagt El Mouissi. Wie viel Potenzial noch in der Musik von Price schlummert, zeigt ein Blick in die Bibliotheken. Denn während ihrer Symphonien bereits veröffentlicht wurden, liegt eine Vielzahl ihrer Werke noch im Verborgenen. „Die Hälfte ihrer Lieder ist sicher noch nicht veröffentlicht, wir singen und spielen teilweise direkt aus Manuskripten“, sagt El Mouissi.
Ein Umstand, der sich ändern müsste, um eine vollständige Beforschung ihrer Musik und ihrer Person zu ermöglichen. „Ich glaube jede Generation an Künstlerinnen und Künstlern muss ihr Repertoire entdecken, es gab auch Zeiten da sind Hugo Wolf oder Gustav Mahler unbekannt, die man heute nicht mehr wegdenken kann und ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bei Price in eine ähnliche Richtung gehen könnte“, sagt El Mouissi.