Valentina Leopold (Name geändert) lebt bis auf ihre Katze alleine auf ihrem Anwesen südlich von Graz, nahe Verwandte hat die 87-Jährige nicht mehr. Allerdings verfügt sie über ein beträchtliches Vermögen von mehreren 100.000 Euro. Da sie sehr tierliebend ist, will sie einen Teil davon an Tierschutzorganisationen spenden. Seit fast zwei Jahren aber hat sie keinen Zugriff mehr auf ihr Geld, da ihr vom Bezirksgericht Graz-Ost eine Erwachsenenvertreterin beigestellt wurde. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger hatte ihr Defizite in der Gedächtnisleistung, eine wahnhafte Symptomatik sowie Anzeichen einer Demenz attestiert, weshalb sie in ihrer Entscheidungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sei.
Gegen diese „Vormundschaft“ kämpft Leopold mithilfe der Grazer Anwältin Karin Prutsch juristisch an. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in ihrer Kanzlei lässt Prutsch ihre Mandantin zu Wort kommen, „damit Sie sich selbst ein Bild von ihrer geistigen Verfassung machen können“, wie die Anwältin den anwesenden Journalisten gegenüber betont. Denn das von ihr selbst (beim Wiener Psychiater und Neurologen Udo Zifko) eingeholte Privatgutachten käme zum Schluss, „dass Frau Leopold im Vergleich zu ihrer Altersgruppe überdurchschnittliche Fähigkeiten hat. Es besteht kein Grund für eine Erwachsenenvertretung“, wie Prutsch zusammenfasst.
Sturz veränderte alles
„Ich war mein ganzes Leben lang eine Tierfreundin“, beginnt Leopold ihre Ausführungen. 17 Jahre habe sie auf ihrem Grundstück ein Reh gehalten, erzählt sie weiter. Nachdem sie 2022 nach einem schweren Sturz in ihrem Haus zunächst im Spital und dann vorübergehend in einem Heim untergebracht wurde, habe sich ihr Leben schlagartig verändert. Sie bezichtigt eine Bekannte, „die dachte, sie kommt an mein Geld heran“, sich mit dem Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde verbündet und ihre vorübergehende Gebrechlichkeit ausgenützt zu haben. Mit dem Ortschef sei sie nämlich wegen eines angeblich auf ihrem Grundstück aufgestellten Hochsitzes schon länger im Clinch gelegen.
Laut Prutsch wurde von der Gemeinde eine gerichtliche Erwachsenenvertretung für die 87-Jährige angeregt. „Die Richterin hat mir dann diese Dame gegenübergesetzt. Gottseidank musste ich sie danach nie mehr sehen“, erzählt ihre Mandantin. Bisher habe sie nur einmal mit jener Person Kontakt gehabt, die ihre Geld- und Rechtsgeschäfte erledigt. Leopold habe dann nicht mehr ihre Wohnung verkaufen dürfen, so wie sie mit ihrem Makler vereinbart hatte. Stattdessen sei die Immobilie von der Erwachsenenvertreterin um einen günstigeren Preis verkauft worden. Derzeit bekomme sie nur ein „Taschengeld“ von rund 2000 Euro pro Monat, erzählt Leopold. Nicht, dass sie damit nicht auskomme, aber: „Ich will wieder ein freier, selbstständiger Mensch werden und will wissen, wie viel Geld ich eigentlich noch habe.“
Schon dreimal abgeblitzt
Nach einem OGH-Entscheid darf Anwältin Prutsch Frau Leopold nur in dieser Angelegenheit vertreten. Kurios findet sie, dass die 87-Jährige weiterhin testierfähig ist, also für den Fall ihres Todes über ihr Vermögen verfügen darf, zu Lebzeiten aber keinen Zugriff darauf hat. Obwohl der Fall bereits dreimal den Instanzenweg durchschritten hat und der Oberste Gerichtshof die Erwachsenenvertretung jedes Mal bestätigt hat, gibt Karin Prutsch nicht auf. Die Anwältin will ihre Mandantin noch einmal von Fachärzten untersuchen lassen und einen neuen Antrag beim Bezirksgericht einreichen.
Bürgermeister handelte auf Empfehlung des Arztes
Die Kleine Zeitung sprach auch mit dem damaligen Bürgermeister von Valentina Leopolds Heimatgemeinde. Er bestätigt, die Erwachsenenvertretung für die Seniorin im Jahr 2022 beantragt zu haben. „Das geschah allerdings auf dringende Empfehlung des Hausarztes. Sie hätte in ihrem Zustand nicht länger alleine in ihrem Haus wohnen können“. Seitdem habe er aber nichts mehr von der Angelegenheit gehört. Eine Frau, die sie damals betreut hatte, habe sich um alles gekümmert. Auch von einem angeblichen Streit über einen Hochsitz wusste der Ex-Bürgermeister nichts.