Den wohl „ungewöhnlichsten Angeklagten wegen des Vorwurfs des Widerstandes“ präsentierte Verteidiger Gunther Ledolter Freitag zu Mittag am Landesgericht Graz. Der Angestellte (33), der blass vor Richter Gerhard Leitgeb saß, soll in den frühen Morgenstunden des 1. Jänner vor der brennenden Stern-Bar, in der eine junge Frau starb und 21 Personen verletzt wurden, Polizisten gestoßen und körperlich attackiert haben.

Traumatische Nacht

Kurz schildert er, was sein Mandant in dieser Nacht durchgemacht hat: Er war mit einem Jugendfreund und seiner Freundin bei der Silvesterparty in dem Lokal, als plötzlich Feuer ausbrach. „Seine Lebensgefährtin ist gestürzt, er hat sie gerade noch hochgebracht, sonst wäre sie wohl zertrampelt worden. Er half auch noch zwei anderen auf, möglicherweise hat er ihnen das Leben gerettet.“ Dreimal wählte er selber den Notruf. Hinter dem Lokal versuchte er die Tür einzutreten, „damit die Leute herauskönnen“.

An diesem Punkt verlässt ihn die Erinnerung. Was er dann getan haben soll, weiß er aus der Anklage und den Aussagen der Polizisten. Er selbst ist sicher, dass er niemanden attackiert hat. Aber offensichtlich hat er doch einen Polizisten mit beiden Händen gestoßen und sich der Festnahme widersetzt. „Alle waren in einem Ausnahmezustand, wahrscheinlich auch die Polizisten“, schließt der Verteidiger. Der Angeklagte erlitt – untypisch bei einer Auseinandersetzung mit der Polizei – einen Faustschlag ins Gesicht. Wahrscheinlich haben er und sein Freund in dieser Situation nicht verstanden, dass die Polizei es zu Recht der Feuerwehr überließ, ins Lokal vorzudringen.

Ausnahmsweise eine Diversion

„Ich glaube, dass da sehr viel Wahres dabei ist, was Ihr Verteidiger gesagt hat“, erklärt der Richter dem Angeklagten, der sichtlich unter der Erinnerung an die Ereignisse leidet. „Ich glaube, es herrschte eine für alle nachvollziehbare Ausnahmesituation.“ Als absolute Ausnahme bietet der Richter ihm deshalb eine Diversion an, was sonst bei Widerstand gegen die Staatsgewalt nie vorkommt. Gegen Zahlung von 5400 Euro wird das Verfahren eingestellt und er bleibt unbescholten. „Ich danke Ihnen sehr“, sagt er. Die Polizisten will er privat für eine Abschürfung und ein gezerrtes Sprunggelenk entschädigen.