Er war über mehrere Tage auf der Flucht. Am Freitag soll ein 43-jähriger Steirer seinen 59-jährigen Bekannten in Graz mit einer Axt und zwei Messern attackiert und verletzt haben. Danach flüchtete der Mann und soll offenbar in Kiel, in Deutschland, gesichtet worden sein. Nach dem psychisch kranken Mann wurde europaweit gefahndet. Am Dienstag wurde er in der Nähe des Bahnhofs Pörtschach in Kärnten von Beamten des Einsatzkommandos Cobra-Süd festgenommen, bestätigt die Polizei. Ausschlaggebend war demnach ein anonymer Hinweis aus der Bevölkerung, der die Polizisten zum flüchtigen Steirer geführt hat. Der schwarze Skoda-Kombi des Gesuchten war auf einem Parkplatz der Gemeinde abgestellt, dieser liegt unmittelbar neben der örtlichen Polizeidienststelle.

Inzwischen hat das Landeskriminalamt Steiermark (Ermittlungsbereich Leib/Leben) die Ermittlungen übernommen, die zuvor vom Grazer Stadtpolizeikommando geführt worden waren.

In Kiel gesehen

Nach der Tat soll der Steirer im Raum Kiel (Bundesland Schleswig-Holstein) an der deutschen Ostseeküste gesehen worden sein. Die steirische Polizei hat diese Information von einem Ex-Kollegen erhalten, dem pensionierten Polizisten und früheren ÖVP-Landtagsabgeordneten Eduard Hamedl. „Ich habe über einen früheren Schulkollegen des Gesuchten erfahren, dass der Mann in Kiel ist“, erzählt Hamedl der Kleinen Zeitung. Dort suchte er in einer Klinik einen Arzt auf, der ebenfalls aus der Steiermark stammt und mit dem 43-Jährigen bekannt ist. „Ich habe mit dem Arzt telefoniert, er hat mir erzählt, dass der Mann am Montag gegen Mittag bei ihm war. Da wusste er noch nichts von der Fahndung“, so Hamedl. Der 43-Jährige habe einen verwirrten Eindruck gemacht. Zwar habe er angekündigt, am Nachmittag wiederzukommen, tauchte dann aber nicht mehr bei dem Arzt auf.

Hamedl, Gründer des „Männernotrufs“ und als Polizist einer der Topverhandler des Landes, appellierte an den Gesuchten, seine Flucht zu beenden: „Es wäre gut, wenn er sich meldet, damit die Sache einen guten Ausgang nimmt.“

Eduard Hamedl hatte als Polizist und Gründer des Männernotrufs oft mit Menschen in Ausnahmesituationen zu tun
Eduard Hamedl hatte als Polizist und Gründer des Männernotrufs oft mit Menschen in Ausnahmesituationen zu tun © Klz/Nadja Fuchs

Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ging die Polizei davon aus, dass er die Tat vorsätzlich begangen hat, deshalb wurde wegen des Verdachts des versuchten Mordes ermittelt. Der 43-Jährige war mit einem Škoda Fabia Kombi mit Grazer Kennzeichen unterwegs. Er ist auch legal im Besitz einer Schusswaffe (Flinte). Unklar ist, ob er die Waffe bei der Festnahme bei sich hatte, heißt es auf Nachfrage bei der Polizei. Der 43-Jährige hat eine psychische Erkrankung, darin dürfte auch das Motiv der Tat zu finden sein. Die Ermittler stuften den Mann jedenfalls als gefährlich ein.

Attacke auf Bekannten

Am Freitag gegen 22 Uhr ging ein Notruf bei der Landesleitzentrale ein. Die Frau des Opfers hatte Alarm geschlagen. Mehrere Streifen eilten zum Tatort, eine Adresse in der Schönbrunngasse im Stadtbezirk Geidorf. Dort fanden sie einen 59-jährigen Mann mit Stich- und Schnittverletzungen im Kopf- und Halsbereich vor. Das Rote Kreuz brachte den Verletzten ins LKH Graz, das Opfer dürfte relativ glimpflich davongekommen sein. Es konnte das Spital nach ambulanter Behandlung wieder verlassen. In der Wohnung blieben die Tatwaffen zurück: eine Axt und zwei Messer.

Deshalb richtet sich die Polizei mit einem dringenden Zeugenaufruf an die Öffentlichkeit. Die Staatsanwaltschaft Graz ordnete dazu nicht nur eine Freigabe von Fahndungsfotos an, auch der vollständige Name des Verdächtigen wird genannt – ein eher unübliches Vorgehen.

Die Polizei ersucht um Hinweise zum Aufenthaltsort des Flüchtigen. Hat jemand die Person oder sein Fahrzeug wahrgenommen? In diesem Fall wird um dringende Kontaktaufnahme mit der Polizei (133) oder dem Landeskriminalamt Steiermark (059-133-60-3333) bzw. der zuständigen Dienststelle (Stadtpolizeikommando Graz, Kriminalreferat, Tel. 059 133-65 3333) gebeten.

Warum so spät?

Warum geht die Polizei erst mit zwei Tagen Verspätung mit dem Fall und einer Fahndung an die Öffentlichkeit? Auf Nachfrage der Kleinen Zeitung bei der Landespolizeidirektion wird dort einerseits auf ermittlungstaktische Gründe verwiesen. Außerdem habe sich der klare Vorsatz (was den Verdacht des Mordversuchs begründet) erst im Zuge der Ermittlungen ergeben.