Von den astronomischen Höhen großer Betrüger, die ihre Gläubiger auf Millionenschulden sitzen lassen, ist der Beschuldigte, der unsicher den kleinen Saal 7 am Straflandesgericht Graz betritt, weit weg. Nur unter Anleitung von Richter Andreas Rom findet er die Anklagebank: „Ich weiß, Sie sind das erste Mal bei uns zu Gast.“
Obwohl, in den Aufzeichnungen des Staatsanwaltes steht eine Vorstrafe. Die 550-Euro-Strafe für Trunkenheit auf dem Fahrrad kann es kaum sein. Erleichtertes Aufatmen beim Beschuldigten, als sich herausstellt: Er hat nur einen Namensvetter, aber definitiv keine Vorstrafe.
Für ein Bier vom Weg abgekommen
Und nun steht der 42-jährige, arbeitslose Musiker plötzlich wegen schweren Betrugs vor Gericht. Schwer, weil unter Verwendung eines unbaren Zahlungsmittels. Dabei hat er am 23. November vieles richtig gemacht, alles, bis auf den letzten Schritt: „Ich habe im Volksgarten in Graz eine Bankomatkarte gefunden.“ Als Erstes versuchte er den Besitzer zu googeln, um eine Telefonnummer zu finden. Vergebens. Dann trug er die Karte zum Fundamt. „Aber das war schon zu.“ Und dann? „Ja, dann hab ich die Karte im Supermarkt ausprobiert.“
„Was kriegt man dafür?“ – „Ein Bier.“ Er bekam keines, denn die Karte war schon gesperrt.
„Warum machen Sie so etwas? Was hatten Sie da für einen Geistesblitz?“ – „Das ist eine gute Frage.“ – „Und da hätte ich gerne eine gute Antwort darauf“, insistiert der Richter. „Dummheit.“
Da er geständig ist und verspricht, so etwas nie wieder zu machen, und weil es beim Versuch geblieben ist, hat der Richter ein Sonderangebot: eine Diversion, nicht ganz gratis, sondern mit 1600 Euro Buße in sechs Monatsraten. „Schaffen Sie das? Müssen Sie halt mehr Klavier spielen.“ Da schnauft der Beschuldigte. Aber es ist wenig zielführend, eine Diversion abzulehnen: Die Alternative wäre eine Verurteilung, also eine Vorstrafe, und eine Geldstrafe in derselben Höhe. Diversion angenommen.